Analyse Ein Sportereignis ohne Sahnehäubchen

Remscheid · Ansichtssache Ohne 10.000-Meter-Lauf bedient der Citylauf die flachen Reize einer Eventgesellschaft. Zum Sport gehört aber der Wettbewerbs-Charakter dazu. Neben der Vorfreude bleibt eine breite Spur der Enttäuschung.

 "Mister Citylauf" Arnd Bader gehörte auf den 10.000 Metern zum Inventar. Ob er jetzt beim Flashmob mitmacht?

"Mister Citylauf" Arnd Bader gehörte auf den 10.000 Metern zum Inventar. Ob er jetzt beim Flashmob mitmacht?

Foto: Jürgen Moll

Ein Sommer ohne Citylauf in Remscheid wäre ein trüber Sommer. Eine Weile sah es nach einem trüben Sommer aus, nachdem die Stadtsparkasse ihr Engagement nach 25 Jahren eingestellt hatte. Es spricht für die gewachsene Liebe zum Breitensport in Remscheid, wenn der Remscheider Sportverein (RSV), der mitgliederstärkste Verein der Stadt, mit dem Sana-Klinikum einen potenten Sponsor gefunden hat, der diesen Tag der Läufer ermöglicht.

Nachvollziehbar ist es, dass der Veranstalter aufgrund eines kleineren Budgets auf den kostspieligen 10.000-Meter-Lauf erstmals verzichtet. Aber die ökonomischen Zwänge hinterlassen eine breite Spur der Enttäuschung. Es fühlt sich so an, als hätte man Erdbeerkuchen mit Sahne bestellt, bekommt aber nach 25 Jahren nur noch Erdbeerkuchen. Auf Dauer ist die fehlende Sahne nicht zu akzeptieren. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, welche Spitzensportler sich für Remscheid melden, und ob Bader, Schmidt oder irgendein Afrikaner gewinnen. Spitzenläufer können überall starten.

Der 10.000-Meter-Lauf gehört zu den Strecken, die auch für viele Amateurläufer interessant sind, die nicht viermal die Woche trainieren, aber sich durch Laufen so fit halten, dass sie sich zutrauen, die Strecke durch die City knapp unter 60 Minuten zu schaffen. Für 1000 Meter zieht kein ambitionierter Läufer seine Schuhe an. Sport hat immer etwas mit Leistung, Herausforderung und Ehrgeiz zu tun, auch wenn der Optimierungswahn der Gesundheitsindustrie manchmal jedes Maß verloren hat. Zur Freude an der Bewegung kommt meist der Wille hinzu, sich zu fordern und zu messen. Nur mal so ein bisschen herumzulaufen beim Flashmob auf dem Rathausplatz, bringt niemandem etwas.

Den Citylauf wie in diesem Jahr auf eine Mentalität herunterzukochen, bei der nur das Miteinander zählt und das Gegeneinander kaum eine Rolle mehr spielt, ist ein Fehler. Eine solche Haltung bedient die flachen Reflexe einer Eventgesellschaft: "Hauptsache Spaß, und wir sind alle happy." Es ist daher umso bedauerlicher, wenn ein Sportfest dazu beitragen soll, das schlaffe Lebensgefühl in der Komfortzone zu bedienen. Gerade für Schüler, die traditionell die größte Gruppe beim Citylauf bilden, ist dies ein fatales Zeichen.

Drei Stunden Sportunterricht in der Woche, wenn sie denn zustande kommen, vermitteln nur wenigen Schülern die Lust auf Sport, gleich welcher Art. Der Bewegungsmangel von jungen Menschen ist auch darauf zurückzuführen, dass es Schule und Eltern nicht in ausreichendem Maß schaffen, Ansporn für den Eintritt in einen Sportverein zu bieten. Wer gerne Volleyball oder Handball spielt, kann sich niemals mit dem Schulangebot zufriedengeben. Das gilt auch fürs Laufen. Der Citylauf ist und war eine gute Gelegenheit, fürs Laufen zu werben. Nicht nur aus gesundheitlichen Aspekten, wie es der Sponsor Sana sich wünscht, sondern vor allem aus sportlichen. Zum Sport gehört das Adrenalin so wie die Sahne zum Erdbeerkuchen. Beides kann man genießen.

Und wenn die elektronische Zeitmessung dem Veranstalter zu teuer ist, wäre es für Remscheid völlig angemessen, die ersten drei per Hand zu stoppen. Ambitionierte Läufer tragen eine eigene Pulsuhr. An den Kosten für die Zeitmessung darf der 10.000-Meter-Lauf 2018 nicht scheitern.

(RP)
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