Nacht der Kultur Eine Stadt ist entflammt für die Kultur

Remscheid · Das Bergische Heimatlied vom Glockenturm: "Das gibt es nicht in Amerika und nicht in China - aber in Remscheid", sagt Kirchenmusikdirektorin Ruth Forsbach mit Stolz in der Stimme.

Die 10. Nacht der Kultur in Remscheid
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Die 10. Nacht der Kultur in Remscheid

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Die zehnte "Vaillant Nacht der Kultur und Kirchen" zeigte sich schillernd, bunt, an manchen Stellen extravagant, hier und da spektakulär, vielerorts künstlerisch hochwertig und mitunter meditativ. Kurzum: Das kulturelle Remscheid präsentierte sich in vielerlei Facetten und wurde von vielen Besuchern begeistert wahrgenommen.

Allen voran vom ersten Bürger der Stadt: "Einfach toll", sagte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz nach der offiziellen Eröffnung am Vaßbenderplatz. Dort wurde das Pianospiel des Düsseldorfer Carilloneurs - also des Glockenspiel-Spielers - Ulrich Leykam per Lichtwellentechnik zum Glockenspiel der Stadtkirche übertragen. So schwangen "Amazing Grace", "O when the saints" oder eben das Lied der Bergischen über die Köpfe von über hundert fasziniert lauschenden Kulturnacht-Hoppern hinweg. Wer einen Blick in die Kirche warf, konnte sich dort nicht nur am Gesang des Remscheider Vokalensembles erfreuen, sondern auch die ausdrucksstarken Fotografien von Hans-Eberhard Boden bewundern. Seine Fotomotive eint die Gelassenheit des Alters, die zahlreiche fröhlich-lächelnde Gesichter zum Ausdruck bringen.

Derweil ließ es das Team der Scharffstraße 3 Punkt 19 Uhr krachen. "We didnQt start the Fire" röhrte Billy Joels Kulthit aus den Boxen, während Feuerfontänen die Nacht erhellten. In ein glitzerndes Kostüm aus Alufolie gehüllt begrüßte Gastgeberin Sabine Wehberg die vielen Neugierigen, wies sie auf das eine Stunde später startende Feuerwerk - diesmal ganz klassisch untermalt von Händels "Feuerwerksmusik" - hin und empfahl den Zuschauern: "Ich wünsche Ihnen einen tollen Abend. Bitte gehen Sie auch bei den anderen vorbei." Keine Frage: Hier brennt man buchstäblich für die Kultur.

Das Team des vor 60 Jahren eröffneten Teo Otto Theaters hieß die Nachtschwärmer im 1950er Jahre Look mit Pünktchen-Kleid und Pomade in den Haaren willkommen. Währendessen spielten die Bergischen Symphoniker in Salonorchester-Formation auf. Kein Platz im Zuschauerraum war mehr frei, Walzerklänge schaukelten tänzelnd durch die geöffneten Türen. In der Tiefgarage korrespondierten ein wenig schräge Fotokunst und flippige Mode mit dem nackten Beton der Wände und dem Geruch von Benzin. Kleine Kulturnachtbesucher ließen sich auf einem großen, schrill beleuchteten Thron ablichten.

Einen Glanzpunkt der diesjährigen Kulturnacht setzte das Kommunale Bildungszentrum, das ein ganzes Haus voller Kultur bot. Vor der Tür empfing ein poppig-bunter Löwe tatsächlich brüllend die Gäste, die in Scharen dem neblig-nassen Wetter entflohen, um sich von karibischen Rhythmen einheizen zu lassen. Im Foyer der Stadtbibliothek konzertieren abwechselnd verschiedene Bands und Ensembles der städtischen Musikschule. Weil die Bühnen gegenüber platziert waren, gab es keine Umbaupausen. Musik nonstop - wunderbar.

Die Resonanz auf die Nacht der Kultur war erneut beachtlich, auch wenn das Wetter nicht so ganz mitspielte. Kultur mit Radtour verband Margrit Conrad-Laerz, die die Veranstaltungen in der Innenstadt mit dem Drahtesel ansteuerte. "Da ist man doch viel schneller, um von Ort zu Ort zu fahren", sagte die Remscheiderin, die zum Abschluss eine Stippvisite in die Hindenburgstraße unternahm, wo es auch viel zu schauen, hören und zu erleben gab.

Die Friedenskirche in der Schützenstraße bot ein abendfüllendes Programm, mit einem anfänglichen Mit-mach-Angebot für die Kleinsten, Literatur und Talk. Als Pastor André Carouge unter anderem mit Clemens Müller ins Gespräch kam, der als Student zehn Monate in Peking verbrachte, strömten immer mehr Besucher in das Gemeindezentrum. Auch hier galt wie für das Gesamtportfolio an Veranstaltungen: Gut vorbereitet, top-organisiert und mit Liebe gemacht. Alle 86 Kulturevents zu besuchen, war an einem einzigen Abend nicht möglich. Aber auch die nächsten Tage bieten noch Gelegenheit, die eine oder andere Ausstellung zu besuchen, die in der Kulturnacht ihren Anfang nahm. So etwa die Werke des Beuys-Schülers Anatol. Zur Eröffnung der Ausstellung in der Pauluskirche war der Mann mit dem großen Hut anwesend und erzählte von sich und seinen Arbeiten. "Intuition ist wichtig, nicht die ästhetische Wirklichkeit", erklärte er den Entstehungsprozess seiner Werke, die ebenso wie die des Bildhauers Frank Merks noch bis zum 24. November zu sehen sind. So hat die Nacht der Kultur einen langen Nachklang.

(RP)
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