Remscheid "Es ist immer noch unser Land"

Remscheid · Der CDU-Landtagsabgeordnete und Remscheider Parteichef Jens Nettekoven sorgt sich um das Gelingen der Integration, insbesondere von türkischen Zuwanderern. Er verlangt zudem vermehrte Anstrengungen für die öffent-liche Sicherheit und 2018 eine Senkung der Grundsteuer.

 CDU-Fraktionschef Jens Nettkoven besuchte gestern die BM-Redaktion.

CDU-Fraktionschef Jens Nettkoven besuchte gestern die BM-Redaktion.

Foto: Moll Jürgen

Integration Der massenhafte Aufmarsch von Erdogan-Anhängern in Köln hat Jens Nettekoven in negativer Weise berührt, ebenso wie die aktuelle Diskussion um Burka-Verbot und doppelte Staatsbürgerschaft. So hätten die verbalen Angriffe von in Deutschland lebenden türkischen Erdogan-Anhängern gegen die Bundeskanzlerin und die deutsche Presse deutlich gemacht wie wenig deren Intergration gelungen sei. Anders als etwa bei seinem spanischen Nachbarn, dem kroatischen Restaurantbesitzer in der Nachbarschaft oder bei einem italienischen Freund, die alle bestens integriert seien, erkennt Nettekoven solche Vorbehalte gegen das Gastland vor allem in der türkischen Community. "Vielleicht hat es mit der Religion zu tun", sagt er. Sie könne verbinden oder trennen. Bei der Bemühung um Integration seien in der Vergangenheit Fehler gemacht worden. "Ich habe das Gefühl, das wir uns immer mehr anpassen, aber die Menschen, die zu uns kommen, passen sich nicht an." Nettekoven nennt ein Beispiel aus dem Lenneper Freizeitbad H2O. Dort habe er neulich zwei Frauen in halblanger Hose und schwarzem T-Shirt im Wasser gesehen. Die Badeaufsicht habe nicht reagiert. "Hygienisch ist das eine Katastrophe." Integration bedeutet für ihn, dass Zuwanderer "lernen, in Deutschland zu leben", und zwar nach den hier herrschenden Regeln. "Es ist immer noch unser Land", sagt der Remscheider CDU-Chef. Er ist für ein Burka-Verbot. Als Berufssoldat habe er in Afghanistan erlebt, wie bedrückend die Burka für die Frauen ist. Dem Vorschlag der SPD nach staatlichem und flächendeckendem Islamunterricht kann er nichts abgewinnen. Statt dessen fordert er gemeinsamen Religionsunterricht für alle Kinder, in dem alle Religionen thematisiert werden. Eine wichtige Integrations-Funktion habe der Sport. "Ich habe gemeinsam mit Türken und Afrikanern gerungen", sagt der ehemalige Leistungsringer und Präsident des NRW-Ringerbundes. Von nach Landsmannschaften getrennten Vereinen hält er nichts.

Kirsehir Die von Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) geplante Reise in die türkische Partnerstadt sieht Nettekoven kritisch. Sie dürfe nur stattfinden, wenn dort auch offen über die politische Lage in der Türkei gesprochen würde. "Gewaltenteilung, Versammlungs- und Meinungsfreiheit müssen dort Thema sein." Eine "Wirtschaftsdelegation" mit bergischen Unternehmern mitzunehmen, hält er für wenig nützlich. "Wir können dort keine Geschäfte machen."

Sicherheit Nettekoven zollt der Arbeit des kommunalen Ordnungs- dienstes großen Respekt und möchte dessen Aufgabenbereich noch erweitern. "Auf öffentlichen Plätzen muss ein Alkoholverbot durchgesetzt werden", sagt er. Außerdem müsse die bestehende Partnerschaft zwischen Polizei und Ordnungsamt intensiviert werden. Die von der Polizei gerne ins Feld geführte Statistik, wonach Remscheid die sicherste Großstadt in NRW seie, dürfe kein Ruhekissen sein. Die Zahl der Einbrüche steige. Mit mehr Präsenz auch in den Stadtteilen könnten Ordnungskräfte potenzielle Straftäter schon im Vorfeld abschrecken. "Wenn wir dafür mehr Personal brauchen, dann ist das so". Anders als die Wuppertaler Polizeipräsidentin Birgitta Radermacher sieht Nettekoven auch in Remscheid Bedarf für Videoüberwachung. Am Ebert-Platz und am Hauptbahnhof würde diese Sinn machen.

Bettensteuer/Kulturförderung Nettekoven bedauert, dass die SPD den CDU-Vorschlag ablehnt, durch eine Abgabe für Übernachtungsgäste in Remscheid den schwindenden Etat des Teo Otto Theaters zu stärken. Er erwarte nun Vorschläge der anderen Ratsfraktionen, "wie sie dem Teo Otto Theater helfen wollen". Den Vorstoß zur Bettensteuer will er nicht als Misserfolg verbuchen. "Wir sind so in einen Dialog mit dem Gastgewerbe gekommen." Die Information, dass nur zehn Prozent der Übernachtungen in Remscheid touristischer Natur sind, habe die Politik von der Stadtverwaltung bislang nicht bekommen. Ziel müsse es nun sein, mehr Gäste in die Seestadt auf dem Berge zu locken.

Senkung der Grundsteuer B Nachdem der Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (CDU) in der vergangenen Woche im BM-Interview berichtet hatte, dass die Entlastung der Kommunen um jährlich fünf Milliarden Euro ab 2018 zwischen Bund und Ländern geklärt sei, erwartet Nettekoven, dass die Stadt die für die Jahre 2015 bis 2017 beschlossene Erhöhung um 30 Prozent von 600 auf 784 Punkte ab dem Jahr 2018 wieder zurücknimmt. "Das haben wir im Rat mit großer Mehrheit so beschlossen." Einen entsprechenden Antrag müsse die CDU daher nicht stellen. Der Beschluss des Rates sei eindeutig und damit für Kämmerer Sven Wiertz bindend. Der Rat hatte die auf drei Jahre befristete Erhöhung Ende 2014 beschlossen, um einen massiven Einbruch der Gewerbesteuer auszugleichen.

(RP)
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