Schwerpunkt Innenstadt Experte: Allee hat Potenzial - ohne Pavillons

Remscheid · Stadtentwickler Edgar Neufeld hat im Auftrag der ISG Alleestraße ein Konzept für die Belebung der Einkaufsstraße erarbeitet.

 Ruine in bester Lage: Der defekte, eingezäunte Brunnen vor dem Center ist für den Experten ein Frequenz-Blocker.

Ruine in bester Lage: Der defekte, eingezäunte Brunnen vor dem Center ist für den Experten ein Frequenz-Blocker.

Foto: Moll (2) / Röser

Diese Gleichung galt bisher als gesetzt: Je weiter man vom Allee-Center aus die Alleestraße hinunter geht, desto schwieriger wird es, Mieter und Kunden zu gewinnen. Die untere Alleestraße gilt darum als das große Sorgenkind.

 Die Pavillons im mittleren Bereich der Allee hält Neufeld für das größte städtebauliche Problem.

Die Pavillons im mittleren Bereich der Allee hält Neufeld für das größte städtebauliche Problem.

Foto: Röser Henning

Der Bochumer Stadtentwickler und Immobilien-Händler Eugen Neufeld räumte am Donnerstagabend im Saal der Stadtwerke-Tochter EWR mit dieser "Wahrheit" auf. Die schlechteste Note, ein C, für die Kundenfrequenz bekommen in seinem Zeugnis der mittlere Bereich der Allee sowie der Abschnitt kurz hinter dem Allee-Center bis zur Zange. Hauptproblem im Bereich der mittleren Allee sind aus Neufelds Sicht die Pavillons. Sie seien "Frequenzblocker", die den Kundenfluss abklemmen.

 Ideal für Gastronomie: Die leerstehenden Räume in Immobilien-Center der Sparkasse.

Ideal für Gastronomie: Die leerstehenden Räume in Immobilien-Center der Sparkasse.

Foto: Moll Jürgen

Probleme gebe es aber auch in der A-Lage - jenem Bereich, der allein für große Kaufhäuser und Märkte interessant ist. Diese Lage links und rechts des Allee-Centers sei in Remscheid mit 100 Metern so kurz wie in sonst keiner Stadt, die er kenne. Dass sich Remscheid in diesem Filetstück einen defekten, eingezäunten Brunnen als Abschreckung erlaube, sei fatal. "Das ist ihre größte Baustelle".

Neufeld, Experte für Revitalisierung von Innenstädten, hat sich im Auftrag der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Alleestraße mehr als drei Wochen lang mit der Innenstadt beschäftigt. Mit gut 20 Akteuren, darunter viele Immobilienbesitzer, hat er gesprochen. In seinem dreistündigen Vortrag zeigte er die Schwächen der Allee zunächst schonungslos auf, lieferte dann aber auch ein Konzept, wie mehr Leben auf die Allee kommen kann.

Die Allee sei aktuell "unsichtbar" zwischen den Verkehrsachsen Freiheitstraße und Elberfelder Straße versteckt, kehre dem Besucher den Rücken zu, so seine Analyse. "Der Verkehr führt weg von ihr, vor allem im unteren Bereich." Das müsse man ändern, denn grundsätzlich habe "die Allee Potenzial für drei Lagen", sagt Neufeld. Diese Viertel, die auch ihr unmittelbares Umfeld einbeziehen, haben unterschiedliche Funktionen. Neufeld orientiert sie um drei attraktive städtebauliche Punkte herum. Das Rathausviertel, das Theaterviertel (mittlere Allee) und das Marktviertel mit der Stadtkirche.

Für jedes Viertel liefert Neufeld konkrete Vorschläge. So könnte dem langen Bereich vor der Sparkasse mit dem Einzug einer Systemgastronomie wie etwa einem "Café Extrablatt" Leben eingehaucht werden. Das stellt in der Nachbarstadt Wuppertal viele Stühle raus, bringt damit Leben und Atmosphäre in die City. Auch die wie "ein Outlet in der Stadt" funktionierende Warenhaus-Kette TK Maxx, die reduzierte Markenware nach dem "Schatzsuche"-Prinzip verkauft, würde der oberen Allee guttun. Sie ist jung, modern, bringt sehr hohe Kundenfrequenz in Städte, die genau so groß sind wie Remscheid. Das steigere auch den Spaßfaktor der Allee. Wichtig für die Rolle des Rathausviertels sei auch das Modehaus Boecker. Mit der Unterbringung eines Kaffees könne es zum Mode-Treffpunkt werden. Beispiele aus anderen Städten zeigten den Erfolg solcher Konzepte.

Das Theaterviertel sieht Neufeld in der Zukunft als ruhigeren, "chilligen" Treffpunktort mit kleinen Cafés, Restaurants und kleineren Geschäften. Auf einem "Tötterplatz" unterhalten sich die Menschen. Als gute Beispiele nannte er das Geschäft "Lebensart" und die Erlebbar, beide auf der Hindenburgstraße. Solche Geschäfte zögen anderes Publikum an. Die Pavillons in diesem Bereich müssten dafür allerdings weg. Sie würden "den Blutfluss in der Lebensader Allee" verstopfen. Ihre Nutzungen könnten in den Leerständen untergebracht werden.

Gespräche mit Immobilienbesitzern auf der Allee zeigen Neufeld, dass diese bereit sind, mit vernünftigen Mietpreisen den Weg für dieses Konzept mitzugehen. Überhaupt sei die Anzahl der Menschen, die etwas bewegen wollen, in Remscheid sehr groß.

Das Marktviertel will Neufeld für Autos im Schritttempo öffnen, um es besser erreichbar zu machen. Dienstleistungen, ein Lebensmittelmarkt, aber auch die Ansiedlung sozialer Dienste von Awo oder Diakonie seien hier denkbar. Diese haben schon Interesse gezeigt.

(hr)
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