Remscheid Frauen auf der Kanzel

Remscheid · Pfarrerin Rita Herche (77) und Vikarin Raphaela Demski-Galla (29) über ihren Beruf.

 Haben ganz unterschiedliche Arbeitsbedingungen angetroffen: Pfarrerin Rita Herche (r., 77) und Vikarin Raphaela Demski-Galla (29).

Haben ganz unterschiedliche Arbeitsbedingungen angetroffen: Pfarrerin Rita Herche (r., 77) und Vikarin Raphaela Demski-Galla (29).

Foto: Jürgen Moll

Zwei Frauen, zwei Generationen und zwei völlig unterschiedliche Berufsperspektiven. Rita Herche, Jahrgang 1938 und erste Pfarrerin in Remscheid, und Vikarin Raphaela Demski-Galla, Jahrgang 1986, haben sich beide dem Dienst in der Evangelischen Kirche verschrieben und erleben das Pfarramt aus sehr unterschiedlichen Sichtweisen. 1979 trat die Radevormwalderin Rita Herche ihre Pfarrstelle in der Remscheider Johannes-Kirchengemeinde an. Damals gab es in Remscheid nur eine weitere Frau im Pfarrdienst, die aber zur Unterstützung des damaligen Superintendenten Lauff eingestellt wurde. "Ich habe schnell gemerkt: Es kamen Leute in die Kirche, weil sie neugierig auf eine Frau auf der Kanzel waren. Und es kamen welche gar nicht mehr, weil sie keine Frau auf der Kanzel sehen wollten", erinnert sie sich.

Kurz nach Antritt der Stelle in Remscheid habe ein Gemeindemitglied sogar schriftlich festgelegt, dass es nicht von ihr beerdigt werden wollte. Wie in Politik, Verwaltung und vielen anderen Lebensbereichen stand die seit 1949 im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung vom Mann und Frau zwar auf dem Papier, setzte sich aber erst ganz allmählich in der Gesellschaft durch. Frauen durften zwar Theologie studieren, aber keine Abendmahlsgottesdienste feiern. Erst 1973 wurde die Zölibatsregel für Frauen im evangelischen Pfarrdienst aufgehoben. Raphaela Demski-Galla hatte es da wesentlich leichter. "Es war für mich eine freie Entscheidung, das Fach Theologie mit dem klaren Ziel Pfarramt zu studieren." Heute sei das Studium mit dieser Zielsetzung sogar klar weiblich dominiert. Männer und Frauen brächten als Pfarrer und Pfarrerinnen verschiedene Nuancen und Stärken ein. "Wenn man aber ganz ehrlich ist, gibt es immer noch Gemeinden, die Männer in ihren Pfarrstellen bevorzugen", hat die Vikarin festgestellt.

Die Frage von Vereinbarkeit von Familie und Beruf treffe immer noch am ehesten die Frauen. "Wie wollen sie das denn machen, wenn sie mal Kinder haben?", sei eine Frage, mit der sich junge Theologinnen bei der Bewerbung konfrontiert sähen. Auch die weibliche Stimme treffe im Gottesdienst nicht jedermanns Geschmack und werde somit mitunter zum Thema. "Ich bin heute froh sagen zu können, dass wir viel geschafft haben", dankte Raphaela Demski-Galla dennoch den Pionierinnen im Pfarramt, wie Rita Herche eine ist. Und wie die Rollen heute verteilt sind, erzählt sie mit einem Schmunzeln. Seit vier Wochen ist die angehende Pfarrerin verheiratet. Da die Tochter von Superintendent Hartmut Demski selbst aus einem Pfarrhaus kommt, wusste ihr Mann, was von der Partnerin des Pfarrers erwartet wird. "Er hat sich schon Gedanken gemacht, ob er demnächst als Pfarrmann auch Kuchen backen muss", berichtet sie lachend.

(RP)
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