Analyse Visionen 2025 Freie Fahrt in eine bergische Zukunft?

Remscheid · Die neue bergische Gesellschaft nimmt die Arbeit auf, doch von einem Kurs der Gemeinsamkeit sind die drei bergischen Städte noch weit entfernt.

Wir schauen in die politische Glaskugel und stellen uns das bergische Städtedreieck in zehn Jahren vor: Aus der 2015 entstandenen Bergischen Struktur- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft ist ein starker Städtebund geworden. Zwar existieren die Stadträte von Remscheid, Wuppertal und Solingen weiter, doch haben sie eher die Funktion lokaler Subparlamente, die über Schulrenovierungen und Ampelanlagen entscheiden. Die politische Musik spielt anderswo: Ein starker bergischer Städterat, der seine Mitglieder proportional zur Städtegröße aus den jeweiligen Stadtparlamenten entsendet, entscheidet über richtungsweisende Investitionen und Wirtschaftsfragen. Das Bergische Land hatte sich zunächst zu einer starken Förderregion entwickelt und durch geschickte Antragspolitik Millionen von Bundes- und EU-Geldern eingeworben. Nun schickt es sich an, neue Wirtschaftszweige zu etablieren - und die Investoren etwa bei den Neuen Energien, den Neuen Medien der Biotechnologie und der Raumfahrtechnik stehen Schlange.

Es hatte dabei das Ruhrgebiet und auch die Regionen Düsseldorf und Köln zurückgelassen. Auch Langenfeld und Monheim wurden bei der Gewerbesteuerpolitik noch unterboten. Die Bergische Universität ist zu einer Denkfabrik gewachsen, die deutschlandweit ihresgleichen sucht und starke Dependancen in Remscheid und Solingen unterhält. Touristisch ist das bergische Städtedreieck weit vorangekommen. Weitläufige Ferienparks bieten ganzjährige und wetterunabhängige Angebote. Das Kulturangebot lässt sich mit den naheliegenden Metropolen Köln und Düsseldorf messen. Remscheid ist Musik-Festivalstadt, die von vielen ansässigen Unternehmen gesponsorte Galerie hat zahlreiche hochwertige Werke aus dem Landesbesitz übernommen. Überall entstehen neue Wohngebiete. Die A 1 ist vierspurig in beide Richtungen ausgebaut, auf der neuen Leverkusener Brücke rollt der Verkehr störungsfrei, und Solingen hat endlich einen schnellen A 3-Anschluss in die City.

Das alles ist leider Science-Fiction. Denn die bergische Gesellschaft mit dem langen und sperrigen Namen wurde erst zum Jahresanfang gegründet (seihe Info). Und ob sie die hohen in sie gestellten Erwartungen überhaupt erfüllen kann, ist längst noch nicht raus. Ein starker Motor für die Gründung der neuen Gesellschaft ist die bergische IHK. Für deren Hauptgeschäftsführer Michael Wenge ist der Zusammenschluss von BEA und Regionalagentur folgerichtig. Sie verhindere Doppelgleisigkeit und begründe eine "schlagkräftige regionale Wirtschaftsförderung und Marketing". Dabei seien die Aufgaben zur lokalen Wirtschaftsförderung klar abgegrenzt. "Förderprogramme wirken heute nur noch regional", sagt Wenge. Andere Regionen wie etwa Köln/Bonn seien da schon weiter. Deshalb dürfe es bei der bergischen Zusammenarbeit auch künftig keine Denkverbote geben.

Dem 16-köpfigen Aufsichtsrat der Gesellschaft werden neben Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz auch zwei Remscheider Ratsvertreter - Jens Nettekoven (CDU) und Sven Wolf (SPD) - angehören. Im Bergischen Rat kommen neun von 50 Ratsvertretern aus Remscheid. Mast-Weisz sieht den neuen Bergischen Rat als ein Gremium, das Diskussionen über einen gemeinsamen Weg in der Wirtschafts- und Förderpolitik organisiert und führt. "Ich sehe eine Chance, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu entwickeln, der bisher noch nicht da ist", sagt der OB. Es gibt also viel zu tun. Dass ihn sein Wuppertaler OB-Kollege Jung äußerst spät und beiläufig über ein geplantes Konkurrenz-Projekt zum Lenneper DOC informierte, hält Mast-Weisz für eine "schräge Nummer." Es kann also nur besser werden.

(RP)
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