Analyse Fremde Gesichter lächeln in mein Auto

Remscheid · Ansichtssache Die sogenannte heiße Phase des Bundestagswahlkampfs lässt sich unübersehbar an den vielen Plakaten in der Stadt erkennen, die nun an fast jeder Straßenkreuzung hängen.

 Das Wahlkampfplakat mit CDU-Kandidat Jürgen Hardt.

Das Wahlkampfplakat mit CDU-Kandidat Jürgen Hardt.

Foto: hr

Nun hängen sie wieder überall. Unsere Bundestagskandidaten. Und ich bin irritiert. Mit Plakaten war zu rechnen, aber wie der ewige Jürgen Hardt von der CDU und der Neuling Ingo Schäfer von der SPD sich präsentieren, oder besser gesagt, sich von den Wahlkampfmanagern plakatieren lassen müssen, das ist dann doch manchmal etwas, ja wie soll ich sagen, etwas zu viel des falschen Geschmacks.

 So präsentiert sich der SPD-Kandidat in Remscheid.

So präsentiert sich der SPD-Kandidat in Remscheid.

Foto: cip

Was ist in den Köpfen der zuständigen Mitarbeiter in der Parteizentrale vor sich gegangen, als sie ein XXXL-Plakat von Jürgen Hardt in Auftrag gaben? Vermutlich haben sie die aktuellen Umfragewerte hoch Zwei genommen, um auf die passende Quadratmeterzahl zu kommen.

Es wirkt fast so groß wie die Front eines Einfamilienreihenhauses. Mit Hardt will die CDU klotzen. Zwar wiegt der für Remscheid im Bundestag vertretende Wuppertaler nach eigenen Angaben inzwischen 100 Kilogramm. Aber so dick aufzutragen grenzt an Papierverschwendung. "Mensch. Ingo!". Ich gehöre nicht zu denen, die Menschen gleich auf Anhieb duzen. Der SPD-Kandidat, Herr Schäfer, ist mir persönlich bisher noch unbekannt. Auf den Plakaten kommt er aber so daher, als wollte er ein Kumpel von mir sein. Und dann dieser Helm? Was ist da passiert? Hat die Druckerfarbe gestreikt? Stellt sich der Kandidat einem Sehtest, ob er vielleicht auf dem linken Auge blind ist? Ich weiß es nicht, und ich will auch gar nicht lange darüber nachdenken, ob das Plakat zum Thema "Sicherheit" hier alle Parameter einer gelungenen Wahlkampfkommunikation erfüllt. Wahrscheinlich ist das alles stimmig. Konzepte sind mir lieber als Köpfe mit Spruchbändern.

Wahlkampfzeit ist auch immer die Zeit der fremden Gesichter in der Stadt. Adrian Scheffels, Karin van der Most, Frederick Kühne oder Gabi Fechtner - von diesen Personen habe ich bis vor kurzem noch nie gehört. Nun lächeln manche an jeder größeren Ampelkreuzung in mein Auto.

Fragen Sie mich mal im Dezember, wer Frederick Kühne war. Ich werde mich nicht erinnern können, trotz aller Plakate. Oder wissen Sie noch, wer Ursula Linda Zarniko war. Eben. Kandidatin der Grünen vor fünf Jahren.

(RP)
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