Kommentar Gewerkschaft ohne Maß

Der Kita-Streik ist ungerechtfertigt, maß- und verantwortungslos. Das gilt insbesondere in einer hochverschuldeten Stadt wie Remscheid, die mit rund 700 Millionen Euro in der Kreide steht.

Der Streik ist ungerechtfertigt, weil Erzieherinnen schon jetzt im Vergleich zu anderen Berufen angemessen verdienen. Sie erhalten ein Einstiegsgehalt (S 6) von 2590 Euro - bei schwieriger Tätigkeit (S 8) 2657 Euro. Bei besonders qualifizierten oder Leitungsfunktionen reicht das Gehaltsspektrum bis 3289 (3732) Euro. Zum Vergleich: Ein Feuerwehrmann verdient beim Einstieg 2236 Euro (EG 6), ein Handwerker (EG 5) 2146 Euro, ein Techniker 2427 Euro (EG 8).

Die Forderungen der Gewerkschaft sind maßlos. Wir stellen uns die Stadt Remscheid als ein Unternehmen vor. Dann wäre sie wohl bereits längst insolvent, es gäbe Notpläne zur Rettung mit Entlassungen, Kurzarbeit und Gehaltsverzicht. Nicht so im öffentlichen Dienst. Dort gibt es eine Jobgarantie. Und die Gewerkschaft Verdi verlangt nun für Mitarbeiter im Erziehungssektor ein Gehaltsplus von durchschnittlich zehn Prozent. Kommt sie damit durch, würde das die Stadt 800 000 Euro jährlich kosten. Das Geld hat Remscheid nicht. Klar ist schon jetzt: Die Stadt müsste die Elternbeiträge kräftig erhöhen.

Der Streik ist verantwortungslos. Verdi-Streikführer Frank Bsirske wirft den kommunalen Arbeitgebern vor, sie wollten "den Streik auf dem Rücken von Eltern und Kindern aussitzen". Damit stellt er die Tatsachen auf den Kopf. Richtig ist: Wie bei Lokführern und Piloten tragen Gewerkschaften ihre Gehaltsforderungen rücksichtslos auf dem Rücken der Bürger aus. In diesem speziellen Fall sind Eltern und Kinder die Leidtragenden. Hinzu kommt: Der unbefristete Streik trifft diesmal ausschließlich sie. Denn die Stadt spart pro Streiktag 15 000 Euro, weil sie die Streikenden, die aus der Streikkasse der Gewerkschaft entlohnt werden, nicht bezahlen muss.

Aufschlussreich ist auch das Verhalten der Remscheider Parteien in dem Tarifkonflikt: Die CDU prescht vor, die Schulden-Kommune solle den Eltern während des Streiks die Beiträge erstatten, obwohl sie die akute Finanznot der Stadt doch gut kennt. Die Remscheider SPD, deren Vorsitzender die Stadt-Kämmerei führt und somit Interessen der Kommune wahren sollte, gibt Verdi Streik-Asyl in ihrer Parteizentrale. Das hat politisches Geschmäckle.

Erziehungs- und Bildungsleistungen sind wichtig und müssen angemessen honoriert werden. Vermessene Forderungen und wochenlange Streiks, die ausnahmslos die Falschen treffen, dienen diesem Ziel aber nicht. BERND BUSSANG

(RP)
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