Remscheid Heimkind findet in Portugal richtigen Weg

Remscheid · Anny L.* (15) kam nicht mehr klar, nicht mit den Eltern, der Schule, den Leistungsansprüchen. Sie hing ab, nahm Drogen und ging etwas freizügig mit ihrem Körper um. Eine sehr auffällige Jugendliche, die in der Sackgasse steckte.

 Auf zu neuen Ufern: Die Strandszene symbolisiert, dass eine junge Remscheiderin in Portugal ihrem Leben eine Wende gab und einen neuen Horizont sieht.

Auf zu neuen Ufern: Die Strandszene symbolisiert, dass eine junge Remscheiderin in Portugal ihrem Leben eine Wende gab und einen neuen Horizont sieht.

Foto: dpa

Anny (Name/Alter von der Redaktion geändert) ist eine von drei Jugendlichen, die das Jugendamt zurzeit im Ausland untergebracht hat. Über die skandalösen Umstände, unter denen beispielsweise ein Heimkind aus Dorsten in Ungarn lebte, kann Achenbach nur den Kopf schütteln. In irgendwelche Heime werden schwierige junge Remscheider nicht gesteckt. Vielmehr sucht das Jugendamt über erfahrene Träger Erziehungsstellen mit deutschen Standards, wenn eine Auslandsunterbringung als richtiger Weg zur Besserung gesehen wird. "Das sind Familien, die teilweise eigene Kinder haben. Mindestens einer hat eine pädagogische Ausbildung oder ist Sozialarbeiter", sagt Achenbach. Seine Mitarbeiter besuchen die Jugendlichen auch vor Ort.

Muss es denn ausgerechnet im Ausland sein? mögen sich manche fragen, die angesichts explodierender Sozialausgaben der Kommune auf die Kosten schauen. Diese Variante der Hilfen zur Erziehung bilde die Ausnahme, werde sorgfältig und individuell geprüft, sagt der Leiter des ASD. Derzeit sind von 153 Kindern/Jugendlichen in Heimeinrichtungen nur drei im Ausland.

"Manchmal müssen die Jugendliche einfach raus aus ihrem Umfeld", erklärt Achenbach. Ein Heimkind war beispielsweise im nahen Düsseldorf untergebracht, ruckzuck ausgebüxt und somit wieder schnell zurück in der "Szene".

Wenn sich Eltern an das Jugendamt wenden, um Hilfen zur Erziehung zu beantragen, sucht ein Team nach geeigneten Maßnahmen, führt Gespräche mit Eltern und den Jugendlichen. Sie müssen mit der Auslandsunterbringung einverstanden sein. Teilweise gebe es eine Art Probewohnen, eine Anbahnungsphase. Auch wenn der Schritt in die Fremde Überwindung koste, akzeptieren die Jugendlichen ihn. "Viele haben Furcht vor der eigenen Schwäche", sagt Achenbach. Und im Falle "Anny L." hatte das Team des Jugendamtes in Deutschland zuvor alles versucht - ohne Erfolg. Anny war in Portugal auf sich zurückgeworfen und gezwungen, sich mit einem neuen, sehr ländlichen Lebensumfeld auseinanderzusetzen, sich an ihre Ersatzeltern zu wenden - fernab ihrer Clique und all den Versuchungen. Ihre "Pflegeeltern" fanden den richtigen Draht, das Mädchen fing sich und machte den Hauptschulabschluss.

Die Erfahrungen mit den Auslandsaufenthalten sei durchweg positiv, berichtet Achenbach. Manche schauen später als Erwachsene im Jugendamt vorbei. Sie haben eine eigene Familie und führen ein ganz normales Leben.

(RP)
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