Remscheid Humorvoll - Steinbrück auf dem grünen Sofa

Remscheid · Der typische "Steinbrück": Der 69-jährige SPD-Politiker sitzt neben seinem Gesprächspartner, sagt etwas klug-analytisch oder trocken-humorvoll in sein Mikro. Dann klappt erst der Ellbogen runter, dann das Handgelenk. Ein sozialdemokratischen "Hugh, ich habe gesprochen!" ist das. Und da das Gespräch mit Steinbrück beim letzten "Kall nit - talk!" dieser Spielzeit fast eine Stunde lang dauerte, war dieser "Steinbrück" einige Male zu sehen.

 Peer Steinbrück mit typischer Gestik. Eine Stunde nahm der frühere Kanzerkandidat der SPD auf dem grünen Sofa Platz.

Peer Steinbrück mit typischer Gestik. Eine Stunde nahm der frühere Kanzerkandidat der SPD auf dem grünen Sofa Platz.

Foto: Jürgen Moll

Neben Steinbrück hatte Horst Kläuser die Remscheider Unternehmerin Inga Bauer, den Autor Selcuk Cara und den Wuppertaler IHK-Präsident Thomas Meyer aufs grüne Sofa geladen.

Letzterer machte den Auftakt, und gleich Kläusers erste Frage berührte die Remscheider Seele: "Kommt das DOC und wenn ja, warum nicht?" Schließlich entzweit kaum etwas die Gemüter im Bergischen Städtedreieck mehr als der Streit um das Outlet-Center. Meyer äußerte sich nicht nur dazu - "Ja, es kommt!" -, sondern auch zu den Vorteilen des Mittelstands sowie dazu, wie der Standort attraktiver für junge Arbeitnehmer gemacht werden könne.

Das Gespräch mit dem ehemaligen NRW-Wirtschaftsminister und gescheiterten Kanzlerkandidaten Steinbrück war Talk im allerbesten Wortsinn. Zwei Gesprächspartner auf Augenhöhe, die über Außenpolitik - Ukraine, Putin, den möglichen Brexit - und Innenpolitik gleichsam sprachen. Großen Applaus vom Publikum gab es für Steinbrücks Äußerung: "Das, was wir in Europa uns in den vergangenen 250 Jahren erarbeitet haben, geben wir nicht einfach an irgendwelche Dumpfbacken ab."

Gemeint war da natürlich die AfD: "Ich habe schon mehrere populistische Parteien in Landtagen erlebt. Die wurden direkt wieder rausgewählt, weil sie nichts auf die Naht bekommen haben", sagte Steinbrück. Sollte die AfD ins Bundesparlament kommen, werde sie sich dort selbst entzaubern. Dennoch Selbstkritik: "Die Volksparteien hätten schon zu Anti-Euro-Zeiten der AfD auf die großen Errungenschaften Europas hinweisen müssen."

Inga Bauer ist Remscheider Unternehmerin, die den Familienbetrieb vom klassischen Rohrsteckschlüssel weg zur innovativen LED-Technik geführt hat, und für die das Thema Start-Up kein Fremdwort ist. "Das ist eine Leidenschaft von mir", sagte Bauer, die im September mit mehreren bergischen Unternehmern nach Berlin fahren möchte, um sie mit der dortigen Start-Up-Szene in Kontakt zu bringen. Ein kurzes, hochinteressantes Gespräch.

Amüsant war dann der Abschluss-Talk mit Selcuk Cara. Der gebürtige Hesse mit türkischen Wurzeln stellte vor allem seine Vielseitigkeit unter Beweis: "Wollen Sie noch was fragen", meinte er plötzlich schelmisch zu Kläuser, der konterte: "Wenn ich mal dazwischenkomme?" Cara ist nicht nur renommierter Opernsänger, sondern auch preisgekrönter Filmemacher, Segler, Autor und Doktorand über Wagner. "Sie haben schon viel mehr getan, als es ihr Geburtsjahr vermuten lässt", sagte Kläuser einmal. Das galt natürlich auch für die viel zu knappe Zeit - man hätte Cara noch lange zuhören können. Insgesamt ein gelungener Abschluss der Kall nit-Saison.

(RP)
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