Remscheid Jede zweite Familie an Armutsgrenze

Remscheid · Erschreckende Zahlen wurden auf einer Diskussionsveranstaltung der Grünen zum Thema Kinderarmut präsentiert. Alleinerziehende sind stark betroffen.

Wenn Familien wenig Geld haben, trifft das auch die Kinder. Kinderarmut ist in Remscheid ein großes Problem. Der Sozialausschuss geht davon aus, dass fast 49 Prozent der Familien in der Stadt arm sind. Konkret heißt das, dass das Jahreseinkommen bei nur 18.000 Euro liegt, also rund 1500 Euro monatlich.

"Das ist ein bergisches Thema", sagte die Landtagsabgeordnete Jutta Velte bei der Diskussionsveranstaltung im "Neuen Lindenhof", zu der die Parteigruppen der Grünen gemeinsam aus Remscheid, Solingen und Wuppertal luden. Rund 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in ganz Deutschland leben in Armut. Das bedeutet neben dem finanziellen Mangel oft auch andere Einschränkungen sowie Probleme.

Laut einer Studie schätzen Kinder aus finanziell schwachen Familien ihre beruflichen Zukunftschancen als gering ein. Sie leiden emotional, machen sich viele Sorgen, haben Schwierigkeiten in der Schule, mit Gleichaltrigen oder Erwachsenen, werden weniger gefördert, haben gesundheitliche Probleme und erfahren auch häufig Gewalt.

Man befinde sich in einem Dilemma, sagte Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz. Es sei viel Handlungsbedarf da, aber der klammen Kommune fehle das Geld. "Arme Städte und arme Familien gehören zusammen", merkte der OB an. Ohne ehrenamtliche Unterstützung und Sponsoring würden solche Initiativen wie "Möhrchen", das Kindern aus schwierigen sozialen Verhältnissen ein warmes Essen in der Schule ermöglicht, scheitern. Bereits im Sommer gehe das Geld dafür zu Ende, die Hilfe von Sponsoren sei unerlässlich. Deshalb sei es wichtig, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um Familien in Arbeit zu bringen und vor allem alleinerziehenden Müttern eine gute berufliche Qualifizierung zu ermöglichen. Statistisch mache diese Gruppe rund 40 Prozent der Armutsquote in Deutschland aus, sagte Referent Holger Ziegler, Professor für soziale Arbeit an der Uni Bielefeld.

"Deutschland ist aus vielen Perspektiven das ungleichste Land Europas. Nirgendwo schaffen weniger den sozialen Aufstieg", betonte Ziegler. Das Hauptproblem sei nicht nur, dass es in armen Kommunen aufgrund der finanziellen Lage an entsprechenden Angeboten fehle, sondern auch, dass die Maßnahmen nicht ausreichend die komplette Zielgruppe erreichen. "Gebiete sind nicht verantwortlich für Armut", sagte der Experte.

Quartiersbezogene Maßnahmen, etwa in sozialen Brennpunkten, erreichen nicht die Armen, die außerhalb der Brennpunkte leben. Stigmatisierung sowie geringere soziale Kontakte der Betroffenen sind zusätzliche Hürden.

(lupi)
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