Remscheid Jeder soll wählen, egal welchen Pass er hat

Remscheid · In einem mehrheitlichen Beschluss fordert der Stadtrat kommunales Wahlrecht für Migranten. CDU und W.i.R. sind dagegen.

Der Remscheider Stadtrat hat beschlossen, die Verfassungskommission des Landtags von Nordrhein-Westfalen aufzufordern, einen Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung vorzulegen. Danach soll bis zur Kommunalwahl im Jahr 2020 allen Migranten, die zum Zeitpunkt der Wahl seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland leben, das aktive und passive Wahlrecht eingeräumt werden. Die CDU-Fraktion möchte hingegen das kommunale Wahlrecht an die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft knüpfen, konnte sich jedoch nach einer kontrovers, aber weitgehend sachlich geführten Diskussion mit ihrem Antrag nicht durchsetzen.

"Es geht hier vor Ort darum, dass alle Remscheiderinnen und Remscheider sich aktiv einbringen können, egal welchen Pass sie haben", begründete SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Wolf den gemeinsamen Vorstoß seiner Partei und den Fraktionen der Grünen, von FDP und Linken. Man wolle auf kommunaler Ebene auf alle hören und von allen gewählt werden, die Remscheid als ihre Heimat ansehen.

"Es ist nicht nachvollziehbar, warum Menschen, die in Remscheid leben, arbeiten und Steuern zahlen, nicht wählen dürfen", stimmte ihm Wolf Lüttringer (FDP) zu. Jochen Siegfried hielt für die Christdemokraten dagegen. Der vorgelegte Resolutionsentwurf sei falsch, weil er die Migranten nicht ernst nehme: "Wir wollen Menschen ermutigen, in unserem Land zu bleiben." Wer sich einbürgern lasse, erhalte "das ganze Wahlrecht" auf allen staatlichen Ebenen, also für Bundestags-, Landtags-, Kommunal- und Europawahl. Dazu solle das Land eine entsprechende Informationskampagne starten, wünscht sich die Remscheider CDU. "Wer dazu kommt, muss auch dazu gehören wollen", zitierte Siegfried den früheren Bundespräsidenten Johannes Rau und spitzte seine Argumentation noch zu: "Wir möchten den Menschen das volle Recht einräumen und sie nicht als Stimmvieh für die Kommunalwahl missbrauchen."

Ähnlich sieht die Fraktionsgruppe der W.i.R. die Zusammenhänge: "Integration hat Rechte und Pflichten", sagte Thomas Brützel. Dass - wie Sven Wolf anführte - andere europäische Länder wie Großbritannien, die Niederlande und Belgien längst ein kommunales Wahlrecht für Ausländer eingeführt haben, konnte die Antragsgegner nicht umstimmen.

Jutta Velte (Grüne) versuchte eine Brücke zu bauen: "Wir freuen uns über jeden Migranten, der sich einbürgern lässt. Die Einbürgerung als Bedingung für die Teilnahme am kommunalen Leben vorauszusetzen, ist aber zu wenig."

Mit 28 Ja-Stimmen setzte sich der gemeinsame Antrag der vier Fraktionen bzw. Ratsgruppen am Ende durch. Allerdings konnte man in der Sitzungspause auch von Ratsmitgliedern hören: "Das sind doch Dinge, mit denen wir uns auf kommunaler Ebene überhaupt nicht beschäftigen müssen, weil wir sie ohnehin nicht entscheiden können."

(bona)
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