Remscheid Keiner verlässt den Saal mit leeren Händen

Remscheid · Auf dem Medien-Basar der Zentralbibliothek gibt es für kleines Geld große Überraschungen zu kaufen.

 Erhard Schnäbele ist Stammgast beim Medien-Basar.

Erhard Schnäbele ist Stammgast beim Medien-Basar.

Foto: Jürgen Moll

Vor Bücherregalen verschwindet die Zeit. Mit schräg abgewinkeltem Kopf scannt das Auge die Buchrücken ab, auf der hoffnungsvollen Suche nach einer Überraschung. Der Medien-Basar in der Zentralbibliothek lockt in den nächsten zwei Wochen viele Bücherfreunde an, die erwartungsvoll durchs Foyer der Bibliothek schlendern. Es gibt wohl keine wissenschaftlich belastbare Untersuchung darüber, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein Basar-Besucher ohne ein Buch den Raum wieder verlässt. Aber nach intensiver BM-Recherche vor Ort darf vermutet werden, dass die Wahrscheinlichkeit gen Null tendiert.

Harald Fuchs stößt einen leichten Juchzer aus, als er eine ganze Kiste von Harry-Potter-Kassetten entdeckt. Vor 20 Jahren erschien der erste Band, der die Fantasie ganzer Generationen von Jugendlichen elektrisierte und die Eltern ebenso. Für Harry-Potter-Fan Fuchs (32) eine Erinnerung an Stunden voller Spannung und Aufregung. Die Erinnerung kostet nicht viel. Zwischen 50 Cent und zwei Euro sind die Preise der Tonträger ausgeschrieben. Kann man da Nein sagen?

Zwei Mal im Jahr veranstaltet die Zentralbibliothek einen Basar. Er wird bestückt mit Büchern aus dem Bestand, die nicht mehr ins aktuelle Sortiment passen, und mit Schenkungen. Zum Beispiel findet sich in einer Bücherreihe eine Ausgabe des Duden für ein Euro. Die Auflage stammt aus dem Jahre 2000. Die jüngsten Rechtschreibreformen aus den Jahren 2004, 2006 und 2011 bildet diese Ausgabe nicht ab. Wer aktuell sein will, kommt hier nicht auf seine Kosten. Aber das kann ein Basar auch nicht leisten. Sein Blick geht rückwärts. Manchmal sogar bis tief unten ins 20. Jahrhundert. Gesammelte Werke von Goethe und Hebbel. Gebunden und in altdeutscher Schrift gedruckt. Sie wirken wie Prunkbände aus einem bildungsbürgerlichen Haushalt. Lesespuren - keine vorhanden. Bildung als Dekoration.

Die beiden Bücher "Wahrscheinlichkeitsrechnung und schließende Statistik" sowie "Lineare Algebra" wirken ebenfalls sehr jungfräulich, obwohl sie schon über 20 Jahre alt sind. Die Kinderbücher sind durch viele Hände gegangen, nur ihre Optik kündet von den 90er Jahren. Geradezu rührend ist der Anblick des original Malefiz-Spielekastens (1,50 Euro). Das Motto des Basars liefert das Buch von Gabor Steingart "Das Ende der Normalität. Nachruf auf unser Leben, wie es bisher war." Vor Bücherregalen dehnt sich die Zeit. Eh man sich versieht, hat man acht Euro ausgegeben.

(RP)
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