Remscheid Kirchenkreis Lennep bildet Integrationscoaches aus

Remscheid · Im Rahmen eines Projekts erwerben neun Menschen aus Syrien, Iran, Irak und Eritrea Kenntnisse als Übersetzer.

Es mag vielleicht die wichtigste Frage sein, die aus der Flüchtlingskrise letztlich erwachsen ist: Wie kann gute und nachhaltige Integration funktionieren? Es gibt dabei viele verschiedene Sichtweisen von vielen verschiedenen Akteuren. Eine Antwort hat das Diakonische Werk im evangelischen Kirchenkreis Lennep gegeben - und diese heißt: Gute und nachhaltige Integration kann durch Integrationscoaches funktionieren.

"Dahinter verbirgt sich ein neues und zunächst einmaliges Projekt", sagt Thomas Grzeschik, der seit 2012 im Kirchenkreis als Sozialarbeiter angestellt ist. Im Rahmen eines Kurses, der von Anfang Oktober bis in den Februar hinein angelegt ist, lassen sich insgesamt neun Teilnehmer aus Remscheid und Hückeswagen zum Integrationscoach fortbilden. Ein Projekt mit Hand und Fuß, wie Grzeschik weiter sagt: "Es gibt eine Aufwandsentschädigung pro Monat, am Ende dann ein Zertifikat. Mittelfristig ist es das Ziel, dass die Integrationscoaches in den Arbeitsmarkt integriert sind." Die Teilnehmer kommen aus dem Iran, aus Syrien sowie aus dem Irak und aus Eritrea.

Die Integration in den Arbeitsmarkt ist für Waseem Kabak aus Syrien auch die Hauptmotivation. Er war in seiner Heimat als Rechtsanwalt tätig und möchte gerne wieder vollumfänglich arbeiten: "Ich bin seit fast drei Jahren in Deutschland, seit dem 1. Januar arbeite ich ehrenamtlich bei der Diakonie", sagt Kabak. Schon nach nur vier Monaten bekam er dann allerdings eine Teilzeitanstellung als Übersetzer. Das würde er gerne ausbauen: "Ich habe mich sofort angemeldet, als ich von dem Kurs gehört habe", sagt der 38-Jährige.

Er habe bereits Erfahrungen im sozialen Bereich, allerdings seien Kultur und Mentalität in Deutschland sehr unterschiedlich zu dem, was er aus seiner Heimat kenne: "Ich möchte so auch noch mehr von Deutschland kennenlernen", sagt er daher.

Bei dem ersten Treffen sei es ums gegenseitige Kennenlernen gegangen, sagt Grzeschik: "Wir haben verschiedene Snacks aus unseren jeweiligen Heimatländern mitgebracht. So kommt man sich automatisch näher." Bei den weiteren Treffen wird es um Themen wie das Grundgesetz in Deutschland gehen, um Erziehungsstile, um Strukturen und Institutionen wie das Jugendamt oder das Job-Center - oder auch um die deutsche Geschichte.

Dazu ist ein Ausflug ins Haus der Geschichte nach Bonn geplant, ebenso wird es einen Termin bei Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz geben, bei dem es auch um die Grundstrukturen der Stadtverwaltung gehen wird. "Dazu kommen psychologische Kurse, denn schließlich besteht die künftige Klientel aus Menschen, die teilweise traumatisiert zu uns gekommen sind. Daher ist es besonders wichtig, zu wissen, wie man im Einsatz mit einem aufkommenden Trauma umgeht", betont Grzeschik.

Beya Chagouri ist 52 Jahre alt, sie kommt ursprünglich aus Algerien und lebt schon seit 20 Jahren in Deutschland: "Ich habe den Deutschkurs B2 gemacht und auch schon vorher ehrenamtlich übersetzt", sagt sie.

Die Kursleiterin Christine Wassermann habe sie dann angesprochen und auf das Kursangebot der Diakonie aufmerksam gemacht. "Für mich geht es weniger darum, wieder auf den Arbeitsmarkt zu kommen, dazu bin ich zu alt", sagt Beya Chagouri schmunzelnd. Aber ihr gefalle die Arbeit als Übersetzerin: "Ich will das weiterhin machen - und je besser ich ausgebildet bin, umso hilfreicher ist meine Arbeit."

Und genau darum gehe es in erster Linie, sagt Grzeschik: "Das Ziel ist Langfristigkeit. Wir wollen durch unsere professionell geschulten Coaches das Ehrenamt sinnvoll ergänzen." Das Projekt sei sehr umfassend aufgestellt: "Wir denken weiter: Wenn einmal die ersten Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt sind, dann können Firmen und Unternehmen bei Bedarf auf den Pool von Übersetzern zurückgreifen, die wir hier ausgebildet haben."

Das Sprachniveau sei daher auch ein entscheidendes Kriterium gewesen, um die Fortbildung zum Integrationscoach machen zu können: "Mindestens das B2-Niveau", sagt Grzeschik, sei nötig.

(RP)
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