Remscheid Klück: Mindestlohn war erst ein Einstieg

Remscheid · Der DGB Stadtverbandsvorsitzende Remscheid sieht auch Fehlentwicklungen.

 Martin Klück, Vorsitzender DGB-Stadtverband Remscheid.

Martin Klück, Vorsitzender DGB-Stadtverband Remscheid.

Foto: Nico Hertgen

Müsliriegel und Informationen über den Mindestlohn haben Gewerkschafter zu Beginn der Woche an Reisende am Bahnhof Lennep und Remscheid verteilt. Sie wollten damit ihre Freude über ein Jahr Mindestlohn von 8,50 Euro mit den Bürgern teilen. "Wir haben den Einstieg geschafft", sagt Martin Klück, Vorsitzender DGB-Stadtverband Remscheid.

Es habe sehr viel Kraft gekostet, dieses Gesetz in Deutschland durchzubringen. Zehn Jahre habe es gedauert, bis eine Mehrheit im Parlament vorhanden war. "Uns war klar, als die Hartz IV-Gesetze beschlossen wurden, dass wir etwas tun müssen", sagt Klück.

Bei aller Freude über den Mindestlohn, für Klück trübt die Statistik von Remscheid etwas die Freudenstimmung. Auf der einen Seite zeigt eine Statistik über die Entwicklung der Beschäftigung im Vergleich zwischen März 2014 und März 2015, dass die sozialversicherungspflichtigen Jobs um 487 Stellen (1,1 Prozent) zugenommen haben. Auf der anderen Seite sind in Remscheid 35 Personen wieder in "geringfügige Beschäftigung" gerutscht. Das entspricht einem Anteil von 0,5 Prozent. Auffällig an den Zahlen ist, dass dieser Anstieg nur in Remscheid zu verzeichnen ist, während in anderen Städten wie Solingen, Wuppertal, Düsseldorf oder Mönchengladbach die Zahl an prekären Stellen abgebaut wurde. "Für diese Entwicklung habe ich keine Erklärung", sagt Klück. Die Zahlen würden aber zeigen, dass in Remscheid etwas faul sei.

Klück hat zum Beispiel von Taxifahrern oder Friseurinnen erfahren, dass der Mindestlohn auch seine Schattenseiten haben kann. Eine große Zahl der Arbeitnehmer profitiere zweifellos davon, allerdings gebe es auch Fälle, in denen zwar der Mindestlohn gezahlt würde, die Mitarbeiter aber weniger Stunden arbeiten dürften. Außerdem beklagt der Gewerkschafter, dass Langzeitarbeitslose ein halbes Jahr für den Mindestlohn gesperrt seien. "Nach einem halben Jahr holt sich der Arbeitgeber einen neuen Langzeitarbeitslosen und schmeißt den alten raus", beschreibt Klück die Praxis.

Im Jahr 2017 wird der Mindestlohn neu verhandelt. Mit 8,50 Euro sei er zu gering veranschlagt, sagt Klück. Wer ein Leben lang mit diesem Mindestlohn arbeite, der lande am Ende seines Arbeitslebens mit Sicherheit in der Altersarmut. Eine europäische Studie habe bereits 2007 errechnet, sagt Klück, dass der Mindestlohn in Deutschland bei 10,67 Euro liegen müsste. Nach seiner Einschätzung käme man heute auf einen Wert von um die 12 Euro.

"Rente - kriege ich sowieso nicht. Da habe ich nichts zu erwarten, " soll eine junge Frau bei der Verteilaktion gesagt haben. Für Klück zeigt diese Aussage, dass für die Generation "Praktikum" noch viel zu tun sei.

(RP)
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