Zeitgeschichte in Remscheid Kriegsnächte im bitterkalten Bunker

Remscheid · In Honsberg macht ein Verein einen alten Bunker begehbar. Er bot Menschen während des Krieges Zuflucht, Honsberger Frauen und ihre Kinder verbrachten dort ungezählte Kriegsnächte. Später wurde er Kino und Boxring.

 Blick in den mehretagigen Bunker: An der Stirnwand ist die Boxarena, in der Mitte stehen alte Schulbänke.

Blick in den mehretagigen Bunker: An der Stirnwand ist die Boxarena, in der Mitte stehen alte Schulbänke.

Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Dieser Bunker ist ein innerstädtisches Juwel, gefüllt mit Schätzen aus mehr als 60 Geschichte. Der frühere Luftschutzbunker an der Humboldtstraße 9 in Honsberg kann nach einer zweijährigen Diskussion um Brandschutzauflagen wieder besucht werden. Der Museumsverein Kinobunker Remscheid hat von der Stadt die Genehmigung erhalten, kleinere Gruppen bis zu 20 Personen durch das denkmalgeschützte Gebäude zu führen.

Zeitgeschichte in Remscheid: Kriegsnächte im bitterkalten Bunker
Foto: Nico Hertgen

"Nach der Loveparade-Katastrophe wurden die Auflagen derart verschärft, dass man uns zunächst die Erlaubnis zu Führungen entzogen hatte", erzählt Vereinsvorsitzender Markus Bertram. Er und seine Mitstreiter haben in Sachen Sicherheit nachgerüstet. Ebenso hat man die Zeit genutzt, um die Ausstellung zu erweitern und weitere Informationen zu sammeln.

Bitterkalt und strenger Geruch

Die wechselvolle Geschichte des als "Lichtspielhaus-Bunker" geschaffenen Flachbaus stellt der Verein detailreich nach. Im zwischen 1941 und 42 gebauten Bunker verbrachten vorwiegend die Honsberger Frauen und ihre Kinder nahezu jede Kriegsnacht. Es war dunkel, der Geruch war streng und vor allem war es im Winter bitterkalt. "Die Menschen haben sich Gott weiß wie dick angezogen", hat Bertram von Zeitzeugen erfahren.

Direkt nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Bau dann genutzt, um für die Bevölkerung Abwechslung in den tristen Alltag zu bringen. Ein Kino wurde eingerichtet, es fanden Varietéveranstaltungen und sogar Boxkämpfe des VfB Marathon Remscheid statt. Ebenso wurden Schulkinder im großen Saal unterrichtet und die Maikundgebung dort abgehalten. "Der Bunker war gewissermaßen die Stadthalle des Honsbergs", erzählt Markus Bertram.

Nach Absprache können Besucher nun begleitet von einem Vereinsmitglied das Innere des Gebäudes erkunden, in dem eine Fülle von historischen Dingen an die alte Zeit erinnert. Nicht alles stammt aus dem Keller des Kinobunkers, wo die "Arbeit Remscheid" 20 Jahre lang ein Möbellager betrieb. Mobiliar, Lampen, alte Schulbänke, Kleidung, Sanitätsmaterial, plüschige Kinosessel und vieles mehr wurden im Städtedreieck zusammengetragen. So stammen zum Beispiel die knapp 200 Kilogramm schweren, rostigen Stahltüren aus zwei ehemaligen, mittlerweile abgerissenen Luftschutzbunkern aus Wuppertal.

Mit der Ausstellung lässt sich eine Zeitreise unternehmen, die vor dem Ersten Weltkrieg beginnt und in den 1960er Jahren endet. Warum steckt man so viele Arbeitsstunden in ein solches Projekt? "Es ist das große Interesse am Thema", erklärt Bertram. Der Bunker sei bei den Honsbergern mit positiven Erinnerungen behaftet. "Hier wurden Leben gerettet, und sowohl in Kriegszeiten als auch danach war der Bau ein beliebter Treffpunkt." Das Museum "Kinobunker" solle die Geschichte während und nach dem Krieg darstellen.

Ausdrücklich will der Verein das Denkmal als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung, gegen Intoleranz und Diktatur, gegen Hass und Gewalt verstanden wissen.

(bona)
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