Remscheid Liebe und Triebe

Remscheid · Die ungarische Choreographin Éva Duda gastierte mit einem großartigen Tanzabend im Teo Otto Theater.

Körper klatschen an Körper, nackte Haut an nackte Haut. Das Kameraauge fliegt über zwei Leiber als wäre sie eine Mondlandschaft, die es zu erkunden gilt. Das kurze Video zu Beginn des zweiten Teils des Tanzabends mit dem Ensemble der ungarischen Choreographin Éva Duda im Teo Otto Theater verdichtet die Themen der Choreografie mit dem Titel "Lunatika" - Berühren und Begehren, Fühlen und Fliehen, Angst und Aggression, Trieb und Spiel, Grenzen ziehen, Grenzen setzen. Das siebenköpfige Ensemble taucht ab in die Welt der Emotionen und Affekte. Mit einem klaren, scharfen Blick auf die Energieflüsse, die mal sanft und mal heftig zwischen Männern und Frauen, Männern und Männern, Frauen und Frauen fließen. Intensiv, modern, ohne Pathos. Ein starker Tanzabend mit einem exzellenten Ensemble. Für das Testen und Ausbalancieren der Triebstrukturen findet die Choreographin Bilder und Formationen, die unverbraucht wirken, jenseits der Klischeevorstellungen. Sie siedeln eng an der Schwelle zwischen Wachen und Träumen und gedeihen in einem Soundtrack aus kantigem Geschwurbel und hüpfenden Basslinien. Ab und zu öffnet sich ein Fenster für eine Geige und ein Klaviersolo, die nach und nach von der elektronischen Welle wieder überspült werden. Manchmal zuckt nur eine schwitzende Männerschulter im Scheinwerferkegel. Manchmal gibt das Schlagen an die eigene Brust den Rhythmus vor. Manchmal liegen alle Tänzer am Boden und rollen sich auf einem Atemzug synchron durch den Raum. Gruppen bilden sich, Paare sondern sich ab, eine Tänzerin hängt waagerecht zwischen zwei Seilen - und das ewige Spiel zwischen Nähe und Distanz zeigt viele Gesichter.

Um Liebe und Triebe ging es auch im ersten Teil bei dem Stück "Does it start with a kiss?". Eine Studie mit zwei Männern und einer Frau, die testen, wann das Reich der Intimität beginnt. Die Recherche nach der eigenen Identität wird flankiert von einem ausgestellten Lachen und dem Verteilen von Ohrfeigen an sich selbst. Wir befinden uns auf sehr unsicherem Terrain.

Dieser großartige Tanzabend war aber einigen Zuschauern verleidet. Vier Sitzreihen standen auf der Bühne. Doch wer in Reihe drei und vier saß, konnte nichts sehen. Das ist ärgerlich und nicht zumutbar.

(RP)
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