Remscheid Lockerungsübungen für die Reise hinter den Regenbogen

Remscheid · Musikschüler proben im Westdeutschen Tourneetheater das Musical "Der Zauberer von Oz".

 Im Zauberwald kommt es zu manchen Überraschungen. Schüler der Musik- und Kunstschule proben das Musical "Der Zauberer von Oz".

Im Zauberwald kommt es zu manchen Überraschungen. Schüler der Musik- und Kunstschule proben das Musical "Der Zauberer von Oz".

Foto: Moll

Wo sind die Hexen? Die Hexen stehen im Stau. In fünf Minuten beginnt die Probe zum Musical "Zauberer von Oz". Justus Estradas (23), Lukas Mittelholzer (20) und Francesco Lo Pinto stehen zwischen den Zauberwaldkulissen auf der Bühne des Westdeutschen Tourneetheaters. Erst rechter Arm, dabei Schulter drehen und dann vor dem Baum von der Bühne abtreten. Letzte Abstimmungen treffen die Drei vor dem Stolperdurchlauf. Die Hexen stehen weiter im Stau.

Theater ist Präzisionsarbeit. Das Spiel beruht auf Verabredungen. Eine Drehung zu früh, ein Gang zu spät und schon fliegt die Aufführung aus der Kurve. "Ich mag diese Frickelarbeit", sagt Estradas. Alle Abläufe im Kopf und den Mitspieler im Blick zu haben, das gefällt dem Trio, das viele Spezialaufgaben in der Inszenierung zu erfüllen hat. Zum Beispiel Emotionsverstärker für die böse Hexe.

"Das Musical ist eine Sparte, in der junge Menschen ihre Fähigkeiten entwickeln können", sagt Stefan Steinröhder, Leiter der Musik- und Kunstschule. Zum zweiten Mal kooperiert die MKS mit dem Westdeutschen Tourneetheater. Die Musikschule kümmert sich um den musikalischen Part für das zehnköpfige Ensemble, vier Schüler der Kunstschule zimmern das Bühnenbild zusammen, und Schauspieler Björn Lenz vermittelt die Grundlagen für einen Bühnenauftritt. Dazu gehört es, Präsenz zu zeigen, nicht mit dem Rücken zum Publikum zu stehen oder den Mitspieler zu verdecken.

Bei der ersten Kooperation mit der Aufführung "Der kleine Horrorladen" vor einem Jahr haben viele aus dem Ensemble bereits mitgewirkt. Große Unsicherheiten beim szenischen Durchlauf fallen nicht sonderlich auf. Gut eine Woche vor der Premiere geht alles recht locker zu. Wo sind die Hexen?

Zu Beginn der Probe gibt es Lockerungsübung für die Stimmen und die Gesichtsmuskulatur. Zehn Minuten dauert dieses Ritual. Endlich. Die Hexen sind eingetroffen.

Björn Lenz sitzt in der ersten Reihe im Zuschauerraum mit dem Textbuch in der Hand. Die Ränder sind voll mit Notizen. Er schaut entspannt auf die Bühne. Die Illusionsmaschine läuft auf Hochtouren. Dorothy, die Hauptfigur in diesem Stück, wird durch die Luft weg aus Kansas in das Land hinter dem Regenbogen gewirbelt.

Der Sturm kommt aus einem kleinen Lautsprecher mit Ladehemmung, den Lenz neben sich stehen hat. Mit ihrer Landung in der Fremde hat Dorothy sofort eine böse Hexe erschlagen. Gelbe Wollsocken in braune Schuhe gesteckt deuten die Leiche hinter einem umgekippten Baum an. Ein paar Augenblicke später ist Dorothy die Herrin über die Zauberschuhe. Das Mädchen will aber nicht bleiben, sondern zurück, nach Hause. Nur der Zauberer von Oz kann ihr diesen Wunsch erfüllen. Justus Estradas, Lukas Mittelholzer und Francesco Lo Pinto legen Folien aus, die den Weg zum Zauberer markiert. Ein Pfad mit Hindernissen.

Von der Seite aus singt Steinröhder leise mit, akzentuiert mit der Hand das Tempo und blättert für die Pianistin die Noten um. Auf ihrer Reise zum Zauberer erlebt Dorothy mit ihren Gefährten, was es heißt, für den Anderen einzustehen, zusammenzuhalten und seine eigenen Stärken zu finden. Hohe Werte werden schön besungen.

Und vor Löwen muss sich in diesem Musical keiner fürchten - sie haben in diesem Wunderland selber die größte Angst.

Francesco Pinto kommt immer gerne zu den Proben. "Für mich ist das ein Ausgleich von der Schule", sagt der EMA-Schüler. "Ich habe den Ehrgeiz, gut zu werden", sagt er. Seit seinem fünften Lebensjahr nimmt er Schauspielunterricht.

Professionelle Bedingungen trifft das Ensemble im WTT an. Aber Perfektion wird nicht verlangt. Zu hohe Erwartungen lähmen die Lockerheit.

Das "Zauberer-von-Oz-Ensemble" will zeigen, dass es in der Lage ist, ein Musical auf die Bühne zu bringen. Eine beachtliche Leistung. Nur wenn die Hexen im Stau stehen, wäre der Erfolg gefährdet. Aber nur kurzzeitig.

(RP)
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