Remscheid Momos Widerstand gegen die Zeitdiebe

Remscheid · In einer überragenden Aufführung im Teo Otto Theater interpretiert die "Delattre Dance Company" Michael Endes Buch.

 Szene aus dem Tanzabend der "Delattre Dance Company" zu Michael Endes Roman "Momo".

Szene aus dem Tanzabend der "Delattre Dance Company" zu Michael Endes Roman "Momo".

Foto: Theater

Michael Endes Roman "Momo" ist wohl eines der bekanntesten Werke der modernen Literatur, das sich mit dem Umgang mit der Zeit auseinandersetzt. Wie man anhand einer solchen, umfassenden literarischen Vorlage ein Tanzstück auf die Bühne bringen kann, zeigte am Sonntagabend bei einer umjubelten Aufführung die erst vor vier Jahren gegründete "Delattre Dance Company" par excellence.

Die zauberhafte, in jeder Hinsicht stimmige Choreografie von Stéphen Delattre wurde vom Ensemble hinsichtlich technischer Ausführung und Ausdrucksstärke überragend umgesetzt. Genauso bot das Zusammenspiel von Licht, der auf wenige Elemente reduzierten, aber ungemein effektvollen Bühnenausstattung und der Musik ein einheitliches Bild.

Mädchenhaft verspielt ist der Beginn, als Momo in Erscheinung tritt. Zögerlich und mit vorsichtiger Neugier wird das fremde Mädchen mit den feuerroten Haaren betrachtet, bevor es mit den Bewohnern der Stadt und hier vor allem mit Beppo, dem Straßenkehrer, und Fremdenführer Gigi Freundschaft schließt. Die fröhliche, ausgelassene Stimmung kippt, als die Grauen Herren in Erscheinung treten. Immer mehr ziehen sie die Menschen in ihren Bann, bedrohen und fordern einen effizienteren Umgang mit der Zeit.

Das hohe Gut des Zuhörens, das Momo so wunderbar beherrscht, kommt bei den Zeitdieben nicht mehr vor. Doch mit Hilfe von Kassiopeia und der Zeitverwalterin "Meisterin Hora" kann Momo die gefährliche Entwicklung aufhalten. Mit der herabschwebenden Stundenblume gelingt es, die gestohlene Zeit wieder freizugeben. Das sich durch den Auftritt der Grauen Herren einstellende Unbehagen, ja sogar das Gefühl aufziehender Kälte setzten die Tänzerinnen und Tänzer großartig in Bewegungen um.

Choreograf und künstlerischer Leiter Stéphen Delattre verbindet verschiedene Tanzstile wie modernes und klassisches Ballett einschließlich dem Spitzentanz, gepaart mit Elementen aus der Pantomime. Damit öffnet er auch den Zuschauern den Zugang zur Handlung, die das Buch nicht kennen. Ganz stark ist das Ensemble im Ausdrücken von Emotionen. Heiterkeit und Freude, Ängste und Nöte, subtile Gewalt, Bedrohung und Resignation. Mut und Tatkraft geben die Tanzenden Gestalt.

Herausragend sind die Szenen, in denen die Grauen Herren aufmarschieren, in grenzenlose Hektik verfallen und die Bewohner der Stadt zu immer mehr Leistung antreiben. Bemerkenswert sind die Details, mit denen die Compagnie die Botschaft des Stücks unterstreicht.

Hauchdünne Tanzschuhe hinterlassen auf dem Bühnenparkett kaum ein Geräusch. Zeit und Raum bilden ein Vakuum, dem man sich als Zuschauer nicht mehr entziehen kann.

(RP)
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