Remscheid Nacht der Kultur

Remscheid · Es war eine laue Vaillant-Nacht der Kultur, die am Samstag auch in Lüttringhausen und Lennep viel Abwechslung zu bieten hatte. Die angenehmen Oktober-Temperaturen und das vielseitige Programm lockten viele Menschen in beiden Stadtteilen vor die Tür. Insgesamt gab es an 24 Orten viel zu schauen, zu hören und zu genießen.

 Hingucker im Lüttringhauser Rathaus. Körperbemalung und Haarkunstwerke zeigen diese weibliche Modelle.

Hingucker im Lüttringhauser Rathaus. Körperbemalung und Haarkunstwerke zeigen diese weibliche Modelle.

Foto: Jürgen Moll

In Lennep leuchtete der Kirchturm für all die Kulturhopper, die sich zwischen Lesung, Musik, bildender Kunst und Tanz hin und her bewegten. Der Vorteil in der Röntgenstadt: Alle Veranstaltungen waren teils mit wenigen Schritten fußläufig zu erreichen. Als da wäre zum Beispiel die Stadtteilbibliothek, wo Angela Heise und Romanautor Peter vom Falkenberg ihre Zuhörer bei Kerzenlicht ins mittelalterliche Lennep entführten, wo einst die Pferdefuhrwerke übers Kopfsteinpflaster ratterten. Eine kleine, feine Lesung, die genauso ihr Publikum fand wie wenige Meter weiter die Filmvorführung in der Lenneper Stadtkirche.

Gut besucht war das Gotteshaus, wo im Stockdunklen der Streifen "Der letzte Mann" aus dem Jahr 1924 über die vor der Predigtkanzel gespannte Leinwand flimmerte. Dazu gab`s Live-Improvisationen von Kantor Johannes Geßner und die historische Kirchenorgel kam streckenweise wie eine Drehleier rüber. Die Nachtschwärmer ließen sich treiben, mal hier hin und mal dort hin, das Programmheft in der Hand, um den besten Zeitpunkt für einen Abstecher etwa in Klosterkirche oder Rotationstheater abzupassen.

 Zu den Bildern des fast 100 Jahre alten Stummfilms "Der letzte Mann" erklang in der Lenneper Stadtkirche die Orgel von Johannes Geßner.

Zu den Bildern des fast 100 Jahre alten Stummfilms "Der letzte Mann" erklang in der Lenneper Stadtkirche die Orgel von Johannes Geßner.

Foto: Moll Jürgen

Im Rotationscafé war die Akustik-Session mit Oliver Hanf mal wieder ein Publikumsmagnet. Hier nahm der eine oder andere Besucher Vorlieb mit einem Platz vor dem Fenster, um auf der Straße den coolen Rhythmen zu lauschen.

Die Tanz-Etage in der Kölner Straße blickte auf ihre eigene, mittlerweile 20-jährige Geschichte in Lennep am Beispiel einer Revue aus den 1920er Jahren zurück. Das Publikum drängte sich bis in den Flur, wo die Zuschauer durch die von Gardinen befreiten Glasscheiben hinein in den Tanzsaal blickten. Dort begrüßte "Liza Minnelli" die vielen Gäste, mit einem herzlichen "Willkommen, Bienvenue, Welcome" - eine stilechte Reminiszenz ans Film-Musical "Cabaret". Hübsche Tänzerinnen im Super-Mini-Glitzerkleidchen ließen nicht auf sich warten und legten einen fulminanten Stepp aufs Parkett.

 Mitreißend: Die 20er-Jahre-Revue der Tanzetage nahm die Besuchern an der Kölner Straße auf eine Zeitreise mit.

Mitreißend: Die 20er-Jahre-Revue der Tanzetage nahm die Besuchern an der Kölner Straße auf eine Zeitreise mit.

Foto: Moll Jürgen

Beeindruckend waren genauso die Besucher in der Galerie Rouge. Dort, wo früher Brot gebacken und verkauft wurde, umrahmten in lauschiger Atmosphäre Geschichten und Musik die Holzfiguren von Johannes Küßner. Noch schnell eine Stippvisite im Flüchtlingsheim an der Wülfingstraße. Dort gesellte sich der 16-jährige Daniel aus Mazedonien zu Micky und Gustavo aus den Reihen der Remscheider Band "Casa d`Locos" und stellte seine Künste am Saxofon unter Beweis. Erfreulich dabei: Die Asylbewerber blieben nicht unter sich. Rund 200 Menschen, so schätzten die Gastgeber, ließen sich gut unterhalten und bewirten. "Auch viele Nachbarn sind gekommen", berichtete Daniela Krein, Geschäfsführerin des Betreuungsvereins BAF.

Auffallend bei der Nacht der Kultur 2016: Viele junge Leute nahmen die Angebote wahr. Wie Lena und Victoria (beide 16), die durch die Kulturnacht in Lüttringhausen schlenderten. Live-Bodypainting im Rathaus war erneut ein Anziehungspunkt. "Das war cool. So etwas sieht man ja nicht so häufig", befand Victoria, räumte aber auch ein, dass es schon ein bisschen "befremdlich" sei, weil die Kunstwerke ja nun mal auf dem nackten Körper entstehen. Hier konnte Model Lisa Bientakies aus Erfahrungen sprechen. "Erst braucht es Mut, aber ist dann mal erst die Farbe aufgetragen, fühlt man sich wieder angezogen."

In der Gertenbachstraße im "Dorf" gab`s eine Traube von Menschen vor der Trattoria Mamma Rita, wo sich zur Zack-Zack-Revivalparty erneut der Plattenteller drehte. Auch beim Lichterfest in der Kaminlandschaft, in der Stadtteilbücherei und bei lateinamerikanischer Musik und heißer Suppe im F(l)air-Weltladen war eine Menge los. Dort waren die mutmaßlich aus fremdenfeindlichen Motiven erfolgten Steinwürfe der jüngsten Zeit kein Thema. "Heute ist einfach Freude angesagt", bekannte Manfred Brauers von der Ökumenischen Initiative Lüttringhausen, dem Trägerverein des Weltladens, mit Blick auf viele lachende Gesichter.

(RP)
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