Remscheid Politessen können keine Parkplätze bauen

Remscheid · Beschimpfungen begegnen die Mitarbeiterinnen des Ordnungsamtes mit Routine. Manchmal drücken sie ein Auge zu.

Kaum parkt das weiße Auto des Ordnungsamtes auf dem Alter Markt in der Lenneper Altstadt, wird es von drei Bürgern umlagert. "Ich hab eine Frage: Darf ich hier so stehenbleiben?" Das ist das Erste, was die Politessen Melanie Grune und Claudia Thyzel bei ihrer Nachmittagsschicht zu hören bekommen. Ganz entspannt verfolgen sie die Ausführungen des Mannes, der nur kurz seinen Vater vom Friseur abholte. Da er niemanden behindert und nur kurz parkt, drücken die Beiden diesmal ein Auge zu.

Strengere Gesetze wären aber in ihrem Sinne. Die Forderung der Grünen, die Bußgelder zu erhöhen, begrüßen sie. "Es kommt auf die Situation an, aber grundsätzlich fände ich eine Erhöhung gut. Bei manchen Leuten sind höhere Geldbeträge notwendig, damit sie ihr Verhalten ändern", sagt Thyze, "auch wenn die Leute dann aggressiver reagieren könnten." Wenn sich die Autofahrer freundlich ihnen gegenüber verhalten, steigt bei ihnen schnell die gute Laune. Wie bei der Hochzeitgesellschaft am Alter Markt. Dort haben sie sogar ihr Dienstfahrzeug für den Hochzeitswagen umgeparkt. "Bei Hochzeiten und Beerdigungen sind wir großzügig, es sei denn Rettungswege werden blockiert", sagt Grune.

Nicht jeder Tag läuft friedlich ab. In Extremfällen müssen die Ordnungshüterinnen auch Anzeigen erstatten. In neun Jahren beim Ordnungsamt ist dies Grune nur zweimal passiert. "Das ist nur notwendig, damit die Bürger nicht denken, dass man alles mit uns machen kann", ergänzt Thyzel. In einem Fall ging es so weit, dass eine Kollegin mit einem Besen bedroht wurde und jetzt den Beruf als Politesse nicht mehr ausüben möchte. Das sind Ausnahmen. 80 Prozent der Bürger verhalten sich anständig. Aber Querulanten gehören zu ihrem Alltag. Sprüche wie "Zettelhexe" oder "da sitzen unsere Steuergelder" müssen sich die zwei öfters anhören. Auch ihre Pause können sie nicht immer in Ruhe genießen. Schnell geraten sie unter Verdacht, Faulenzerinnen zu sein. Mit der Zeit lerne man aber damit umzugehen. Standartsprüche, wie "es brennt doch gar nicht" oder "ist doch nur für 'ne Minute" nehmen sie mit Humor. Thyzel und Grune erledigen nur ihre vom Gesetzgeber vorgeschriebene Arbeit, den ruhenden Verkehr zu kontrollieren. "Wir können nichts dafür, dass es zu wenig Parkplätze gibt. Man kann sich ja auch mal dazu bereiterklären, etwas weiter zu laufen. Wir können jedenfalls keine Häuser abreißen, um Parkmöglichkeiten zu schaffen", sagt Grune.

Manche Anwohner seien zu feige, selbst eine Anzeige aufzugeben, und riefen lieber beim Ordnungsamt an. Besonders gerne erinnern sich die Politessen an eine ältere Frau, die sich auf dem Balkon ausgeschlossen hatte. Die Zeit, die es dauerte, bis die Tochter mit dem Schlüssel kam, verbrachten die Politessen damit, die Dame zu beruhigen. Die Tochter bedankte sich nachher über die Zeitung. "Damit haben wir nicht gerechnet. Für uns ist das selbstverständlich, aber natürlich freuen wir uns, wenn Leute unsere Arbeit wertschätzen", sagt Grune. Solche Erbenisse gehören zu den Gründen, warum die Beiden ihre Arbeit mögen. Grune gefällt außerdem, dass man bei ihrem Job draußen arbeite. Das stärke die Abwehrkräfte und verhindere, häufiger mal krank zu sein. "Nur bei Regen ist es am unangenehmsten."

(RP)
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