Gerichtsverfahren wegen Misshandlung Prozesstag voller Widersprüche

Remscheid · Es war ein Verhandlungstag voller Widersprüche. In dem Prozess wegen Kindesmisshandlung, in dem der Stiefvater des vierjährigen Max ebenso auf der Anklagebank sitzt wie die wegen unterlassener Hilfeleistung mitangeklagte Mutter, sagten gestern weitere Zeugen aus.

Eine Erzieherin, die die Mutter nach ihrem Umzug aus der Mutter-Kind-Gruppe in eine eigene Wohnung betreut hatte, beschrieb die 21-Jährige als liebevoll gegenüber ihrem Sohn. "Sie wollte immer alles perfekt machen", schilderte die Frau ihre Eindrücke. Die Wohnung sei ordentlich und der Junge gepflegt gewesen - darauf habe die Mutter Wert gelegt.

Damals habe es auch regelmäßigen Kontakt zum leiblichen Vater von Max gegeben, der jedoch nicht verlässlich gewesen sei. "Sie stand mit allem allein da und wollte es unbedingt schaffen", sagte die Zeugin. Zwischenzeitlich will sie zwar auch die gelegentliche Überforderung wahrgenommen haben - allerdings habe es aus ihrer Sicht nie Anlass zu größerer Sorge oder gar sichtbare Verletzungen des Jungen gegeben. Die Begleitung sei über ein halbes Jahr gelaufen und bereits vor der Beziehung der Mutter mit deren 24-jährigem Freund beendet worden.

Eine Bekannte des Paares, die sich zuvor selbst bei der Polizei gemeldet hatte, will gänzlich andere Lebensumstände wahrgenommen haben. Die Mutter habe oft desinteressiert gewirkt und es sei der Lebensgefährte gewesen, der sich bei Treffen um Max gekümmert habe. Sie will die junge Frau mehrmals auf sichtbare Verletzungen des Jungen angesprochen haben. Die wiederum habe ihr gesagt, Max könne schlecht sehen und sei hingefallen.

Erst nachdem der damals Dreijährige mit lebensgefährlichen Hirnverletzungen ins Solinger Klinikum eingeliefert worden sei, habe ihr die Mutter gestanden, dass ihr Lebensgefährte auch für die Hämatome verantwortlich gewesen sei. Zwischen den Beiden habe es häufig Streit gegeben und sie habe ihrer Bekannten dazu geraten, ihren Freund zu verlassen, wenn etwas in der Beziehung nicht mehr richtig laufe.

Ein weiterer Zeuge, der einige Jahre mit der Mutter der Angeklagten liiert gewesen sein will und mit ihr ein gemeinsames Kind hat, sprach von schwierigen Familienverhältnissen in der Kindheit der jungen Frau. Ihre Mutter habe ein Alkoholproblem gehabt und sich nicht um ihre beiden Kinder gekümmert.

Die 21-Jährige sei damals zwischenzeitlich vom Jugendamt aus der Familie heraus und in Obhut genommen worden. Eine vermeintliche Vergewaltigung habe sich später als erfunden herausgestellt. Es habe Drogenprobleme und seelische Vernachlässigung gegeben. "Alles wurde unter den Tisch gekehrt", berichtete der Zeuge.

(mag)
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