Remscheid Samstagabendshow auf den Kopf gestellt

Remscheid · Das Duo "Fußbad Deluxe" aus Köln zeigte eine wunderbare Vorpremiere seines neuen Programms im Rotationstheater.

Es ist eine Vorpremiere gewesen - und sie war gut: Das Comedy-Duo "Fußbad Deluxe" aus Köln hat sein zweites Programm passend als "Die große Samstagabend-Show" betitelt, im Lenneper Rotationstheater um zum ersten Mal vor Publikum gespielt. Vor leider recht handverlesenem Publikum, muss man dazu sagen - gerade einmal 15 Gäste hatten sich im urigen Kleinkunsttheater eingefunden. Die hatten allerdings eine großartige Zeit mit dem Duo Carolin Seeger und Christoph Schlewinski, das, ein wenig grippegeschwächt, aber deswegen keineswegs unlustiger, für jede Menge Lacher und viel Applaus sorgte. Und für eine Vorpremiere saßen die Gags perfekt, waren kaum Versprecher auszumachen, und auch die Nervosität der beiden Akteure hielt sich in engen Grenzen.

Los ging es, wie im richtigen Fernsehen auch, mit einer Vorbesprechung über den Verlauf des Abends mit dem Publikum. Denn schließlich wurde der Abend für keinen geringeren als "die Speerspitze des intellektuellen Fernsehprogramms, den Sender Arte" mitgeschnitten. "Mit 30 Kameras, die überall im Raum installiert sind - NSA-Style eben", wie Schlewinski sagte. Wichtig war, das Publikum dem Senderanspruch gerecht zu kleiden und zu briefen. "Nachdenklich, emotional und gleichzeitig liebevoll" sollte etwa der Applaus sein.

Ein Franzosenkäpi, ein weißer Schal und eine Intellektuellenbrille wurden an das Publikum verteilt. Der Optik wegen. Und dann konnte es auch schon losgehen.

Und wie es losging! In perfekter Florian-Silbereisen-trifft-Helene-Fischer-Manier persiflierte das dynamische Duo den klassischen Samstagabend im deutschen Fernsehen. Mit langem Applaus vom Band etwa, währenddessen gefühlt 30 Mal gefordert wurde, doch bitte damit aufzuhören. Genau so, wie es die "großen Vorbilder" auch mit hysterischer Penetranz praktizieren. Und dann waren da die Sketche dazwischen, etwa der "anspruchsvolle Sketch". Was nichts anderes als eine grandiose Dekonstruktion des typischen Premierenpublikums bei einer Theateraufführung von Goethes "Faust" war. Mit einem kleinen, aber brillant fein herausgearbeitetem, Unterschied: Zwei Fußballfans kommentierten "des Pudels Kern", "Auerbach's Keller" und Gretchens "Bin-kein-Fräulein-bin-nicht-schön-kann-ungeleit'-nach-Hause-gehn" als wäre es das Revierderby zwischen Schalke und Dortmund. Einfach nur herrlich, diese Umkehr von E- und U-Kultur.

Und auf dieser Ebene funktionierte das ganze Programm der "Samstagabend-Show": Man nehme ein Klischee, verdrehe es ins Umgekehrte und bekomme so etwas ganz Neues, Absurdes, Großartiges. Etwa die klassische "Wetten-dass?!"-Außenwette. Die war bei "Fußbad Deluxe" mal eben das MDR-Fernsehballett, das vor der JVA Remscheid den Weg der Flüchtlinge von Syrien nach Ungarn über Österreich nach München nachtanzen wollte. Satire, Politik und Gesellschaftskritik vereint! Aber natürlich musste der "Tanz" für die DVD erst noch aufgezeichnet werden. Weshalb die drei Minuten "Tanz" mit Volksmusik überbrückt werden mussten. Währenddessen guckte Seeger permanent gelangweilt auf ihr Handy, und Schlewinski versuchte panisch, das Publikum zum interessierten Hingucken auf den imaginären Bildschirm mit der Übertragung zu bewegen. Man müsse die Szenen ja schließlich verwenden. Das war großes Schauspielkino, das auch im kleinen Rotationstheater hervorragend funktionierte.

(RP)
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