Remscheid Schwieriger Dialog der Nachbarn

Remscheid · Wie gehen Deutsche und Türken nach dem Putsch miteinander um? Soll der OB auch mit Ultranationalisten reden?

 Deutsche und Türken Tür an Tür - so ist es auch in Remscheid, doch hat aufkeimender türkischer Nationalismus das Klima verändert.

Deutsche und Türken Tür an Tür - so ist es auch in Remscheid, doch hat aufkeimender türkischer Nationalismus das Klima verändert.

Foto: Laaser Jürgen

Nach dem vereitelten Militärputsch in der Türkei ist auch in Remscheid das Klima rauher geworden. Im Internet rufen Remscheider Aktivisten zur Pro-Erdogan Demo am Sonntag in Köln auf. Treffpunkt: 12 Uhr am Hauptbahnhof Remscheid. Kommunalpolitiker sorgen sich um den Frieden auch in ihrer Stadt. Allen voran der Oberbürgermeister.

"Wir können nicht einfach negieren, was rechts und links von uns geschieht", sagt Burkhard Mast-Weisz (SPD) mit Blick auf die Entwicklung in der Türkei und die allgemeine Terrorgefahr. Umso größer sei "die Verantwortung auch in Zusammenarbeit mit der Polizei, alles dafür zu tun, dass wir nicht in ein Klima von Angst und Misstrauen verfallen, sondern respektvoll miteinader umzugehen, unabhängig von Herkunft und Religion."

Doch wie weit soll diese Dialogbereitschaft gehen? Diese Frage geht nun auch in Kreisen des Stadtrats um, nachdem bekannt geworden war, dass Mast-Weisz Ende Juni, also noch vor dem Puschversuch, einer Einladung der Grauen Wölfe zum Fastenbrechen gefolgt war - also jener Organisation von türkischen Ultranationalisten, die seit Jahren wegen ihrer Umtriebe vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Der Dienst attestiert ihr einen "übersteigerten türkischen Nationalismus" und je nach Ausrichtung der Gruppe "islamische, ultranationalistische oder rassistische Inhalte" (siehe Infobox).

Bei dem Besuch war auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Beatrice Schlieper anwesend. Pikant: Die Grünen waren nach der Armenien-Resolution im Bundestag von den Remscheider Wölfen zunächst ausgeladen und dann nach Intervention des OB wieder eingeladen worden. Schlieper und die Geschäftsführerin der Grünen, Denise Abé, nahmen daraufhin am Frauentisch der Gastgeber Platz.

Fritz Beinersdorf, Fraktionschef der Linke, ist irritiert. Selbstverständlich habe der OB das Recht, einen Dialog zu führen, die Frage sei nur wie? Man müsse miteinander reden, aber auch Distanz zeigen. "Wir erwarten Toleranz auf beiden Seiten." Der Dialog müsse offen geführt werden. Dazu gehöre es auch zu sagen: "Türkischer Nationalismus gehört in die Türkei und hat in Remscheid nichts zu suchen."

Auch die CDU war nicht dabei. "Warum sollte ich mit den Grauen Wölfen reden?", sagt CDU-Fraktionschef Jens Nettekoven. Und: "Eine Fraktion wegen der Armenien-Resolution auszuladen, das macht man nicht." CDU-Fraktionsgeschäftsführer Ansgar Lange meint: "Mit Extremisten, egal welcher Couleur, sollte man nicht sprechen, und durch solche Besuche adelt man die gesamte Gruppe."

Der OB bleibt bei seinem Angebot eines umfassenden Dialogs: "Ich lade alle ein", sagt er. "Ob einzelne Personen in einzelnen Vereinen eine politische Position haben, die ich ausdrücklich nicht teile, vermag ich nicht auszuschließen." Maßstab und Grundlage des Dialogs sei das Grundgesetz. "Die Frage, ob jemand Alevit, Semit, Schiit oder Kurde ist, bliebt zweitrangig - was uns verbindet, ist die Verantwortung für die Zukunft dieser Stadt."

(bu)
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