Remscheid Seelenleben einer enttäuschten Geliebten

Remscheid · Marina Matthias brillierte im Stück "Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe"

 Die Remscheider Schauspielerin Marina Matthias in der Rolle der Charlotte von Stein.

Die Remscheider Schauspielerin Marina Matthias in der Rolle der Charlotte von Stein.

Foto: jürgen moll

Im Bademantel mit Sonnenbrille und mit einem Handtuch um den Kopf gewickelt betritt Marina Matthias die Bühne. Es ist eine intime Szene - und darum geht es auch im Stück. Als Charlotte von Stein redet Matthias über den berühmten Johann Wolfgang von Goethe, durchlebt ein Gefühlschaos aus Wut, Verzweiflung, Verletztheit, Häme und Bewunderung für den Mann, mit dem sie zehn Jahre verbrachte.

Das Ein-Personen-Stück "Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe" erfordert von der Remscheider Schauspielerin viel Konzentration, Hingabe und das Gespür fürs Spielen auf den Punkt. Bei der Vorstellung in der Reihe "Wein und Käse" im Gemeindehaus der Lutherkirche stellte Matthias am Montagabend all das unter Beweis. Sie brillierte in dem tragisch-komischen Monolog von Peter Hacks, in dem in fünf Akten die Zerrissenheit von Charlotte von Stein deutlich und der bekannte deutsche Dichter aus einer völlig anderen Perspektive als der historischen oder literarischen dargestellt wird. "Jeder ist doch froh, ihn los zu sein", wettert von Stein gleich zu Beginn. Sie geht bei dem imaginären Gespräch direkt in eine Verteidigungsposition. Schließlich soll ihr Verhältnis zu ihm der Grund für seine fluchtartige Reise 1786 von Weimar nach Italien sein. Ein Lump sei er gewesen. "Ich habe ihn erzogen. Jetzt ist er ein erzogener Lump", sagt Stein nicht ohne Ironie. Opfer habe sie für den Mann bringen müssen, der es nicht für erforderlich gehalten habe, ein Mann zu sein.

Im Verlaufe des Monologs werden ihr eigenes Fühlen und Denken immer deutlicher, weil sie sich selbst eingestehen muss, dass sie ihm verfallen war, dem viel gelobten Dichter, der aus ihr die Kraft für seine großen Werke schöpfte. Letztlich ist sie auch enttäuscht, nicht nur von Goethe, sondern von der Liebe selbst: "Die Liebe ist eine bloße Erfindung der Dichter. Wer will schon einem Dichter glauben?".

Von Stein schwankt immer wieder zwischen Verbitterung und dem doch wieder aufkeimenden Glücksgefühl, als der lang ersehnte Brief Goethes bei ihr eintrifft. Sie ist bereit, ihren Ehemann zu verlassen, um zur "Frau von Goethe herabzusteigen". Umso größer ist der Schlag, als sie feststellt, dass statt eines Liebesgeständnisses oder gar Heiratsantrages in den Zeilen nur Belangloses über Wetter und Wohlbefinden zu lesen ist. Marina Matthias zeigte eineinhalb Stunden lang mehr als souverän ein anspruchsvolles Schauspiel. Dafür erhielt sie von den rund 160 Gästen einen wohlverdienten, großen Beifall.

(RP)
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