Leichtathletik Anja Roggel arbeitet an ihrem Comeback

Remscheid · Beobachter der Leichtathletik-Szene haben sich vielleicht bei der letzten Deutschen Meisterschaft in Kassel gefragt, wo sich die Remscheider 1500m-Läuferin Anja Roggel im Starterfeld versteckt hat. Sie hat sich nicht versteckt, musste aber verletzungsbedingt nach einem Meniskusriss lange pausieren. Jetzt trainiert die Athletin des LAV Bayer Uerdingen/Dormagen für ihr Comeback.

Leichtathletik: Anja Roggel arbeitet an ihrem Comeback
Foto: Ralf Görlitz

Gerade hat sie noch aufmerksam zugehört, wie der Professor unten an dem kleinen Pult über die Funktionen und den Aufbau des Herz-Kreislaufsystems doziert hat. Im nächsten Moment ist es ihr eigenes Herz, das das Blut immer schneller in die Gefäße pumpt. Anja Roggel will nach ihrer einjährigen Verletzungspause wieder zu ihrer alten Form zurück. Die 20-jährige wagt die Doppelbelastung aus Medizinstudium und Leistungssport.

2015 wurde sie über die 1500 Meter Deutsche U 23-Meisterin. Mit einer Zeit von 4:23,41 Minuten verbesserte Roggel ihre Bestzeit um ganze vier Sekunden. Der Leichtathletik-Verband Nordrhein betitelte sie als "Überraschungssiegerin" und auch Roggel selbst hatte den Erfolg vorher nicht für möglich gehalten. Darauf folgte die Deutsche Meisterschaft in Nürnberg und ein Starterfeld aus lauter namhaften Mittelstrecklerinnen wie Maren Kock, Konstanze Klosterhalfen und den Sujew-Zwillingen. Doch Roggel zeigte sich davon unbeeindruckt, bot ein unglaubliches Rennen und lief im Finale in einer neuen Bestzeit von 4:17,27 Minuten auf den fünften Platz.

Kurz nach dem unverhofften Erfolg kam jedoch die ernüchternde Nachricht: Meniskusriss. Roggel hatte schon lange unter schlimmen Knieschmerzen gelitten. Spritzen und Medikamente halfen auf Dauer nicht. "Es hat extrem lange gedauert, bis endlich geklärt war, warum mein Knie Probleme macht", sagt Roggel. Im März wurde sie operiert. Sechs Wochen ging sie an Gehhilfen, erst danach begann sie langsam damit, ihr Bein beim Radfahren oder Schwimmen zu belasten. Erst drei Monate später folgten die ersten lockeren Dauerläufe. "Ich war so froh, als ich endlich wieder laufen konnte. Mit dem Wasser konnte ich mich nicht so wirklich anfreunden", lacht sie heute.

Trotz ihres Umzugs nach Magdeburg im vergangenen Jahr ist Roggel ihrem Verein LAV Bayer Uerdingen/Dormagen treu geblieben. In den letzten Semesterferien hat sie wieder gemeinsam mit ihren Teamkolleginnen trainiert. In Magdeburg ist ihr Trainingsplan, den ihr Heimtrainer Willi Jungbluth zuschickt, ein treuer Begleiter. Während sich andere Studenten nach der Biochemie-Vorlesung in der Mensa tummeln, steht Roggel schon auf der Tartanbahn und absolviert Tempo-läufe. "Es ist manchmal anstrengend, sich nach der Uni noch fürs Training zu motivieren. Andererseits ist Laufen aber auch ein Ausgleich", erklärt sie.

Jetzt möchte sie wieder angreifen. Für die Hallen-Saison setzt sich Roggel aber noch keine hohen Ziele. "Ich möchte noch nicht zu viel Druck aufbauen", sagt sie. Ihr Fokus liegt auf der Freiluft-Saison, der U 23-DM in Leverkusen und der Deutschen Meisterschaft in Erfurt. Ihr Ziel: "Ich möchte an meine Bestzeit heranlaufen und sie vielleicht unterbieten." Eine Sekunde unter ihrer Bestzeit liegt die Norm für die U 23-Europameisterschaft in Polen. "Das EM-Ticket wäre ein Traum," sagt Roggel. Und dann verschwindet sie wieder im großen Hörsaal. Das Herz-Kreislaufsystem ruft.

(RP)
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