Fußball Aus der Tiefe des Raums in die Schaltzentrale

Remscheid · Dieser Job ist ziemlich undankbar. 25 Vereine auf Kreisebene wollen gebändigt, ihre Wünsche bedient, ihre Sorgen gelindert, ihre Verfehlungen bestraft werden. Gleichzeitig hat man den Verband im Nacken, die Spielordnung vor Augen, das Große und Ganze im Blick. Aylin Caliskan ist trotzdem gut gelaunt. In der scheinbaren Männerdomäne Fußball hat sie sich längst ihren Platz erobert und ist in der neuen Saison mit gerade mal 32 Jahren als Technischer Kreisobmann (oder doch -obfrau?) verantwortlich für den Spielbetrieb in den Kreisligen. Zusammen mit den Schiri-Ansetzern der arbeitsintensivste Job in der Schaltzentrale Am Hagen.

 Die Herrin der Kreisligen: Aylin Caliskan.

Die Herrin der Kreisligen: Aylin Caliskan.

Foto: Privat

Dass die bisherige Beisitzerin Caliskan irgendwann die Nachfolge des inzwischen ausgeschiedenen Carsten Stopka antreten wird, lag auf der Hand. Eine Karriere im Sport wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. Sie wuchs in Bliedinghausen auf, quasi in der Tiefe des Raums des Sportplatzes von TuRa-Süd, wo Vater Halit Platzwart ist. Sportlich versuchte sich die junge Aylin Caliskan zuerst im Turnen, dann in der Leichtathletik. Als Sprinterin der LG Remscheid fuhr sie sogar zur Jugend-DM nach Duisburg. Dann streikte das Knie - und ihr Fußball-Genom erwachte wieder.

Sie half zunächst bei TuRa-Süd mit, dann in Struck, zuletzt in Dabringhausen. Jetzt ist sie zu Vatanspor Solingen gegangen. "Auch der Neutralität wegen" , sagt die einstige Betreiberin eines Kiosk am Zentralpunkt, die jetzt als Büroangestellte bei Heyco arbeitet.

Warum sie sich beim Fußballkreis engagiert? "Ursprünglich aus Eigennutz", sagt Caliskan, und fügt augenzwinkernd hinzu: "Ich fühlte mich als Vereinsvertreterin dort lange immer unverstanden." Das sei nur mit dem Motto "Rede nicht, tu' was" zu kompensieren gewesen. Dass sie jetzt für Stopka nachrückte, war für sie selbstverständlich: "Wir sind vom Kreistag für drei Jahre gewählt worden. Diese Periode will ich mindestens erfüllen."

Die Reaktionen auf ihren neuen Job als Alleinverantwortliche "TKO" hielten sich bisher im Rahmen. "Ich bin ja 'eh bekannt, wie ein bunter Hund", sagt Caliskan lächelnd. Genau deswegen erwartet sie im unter Fußballern mitunter schroffen Umgangston auch keinen Damen-Bonus: "Außerdem kann ich zurückblaffen, wenn's mal nötig ist."

Den kleinsten Kreis im Fußballverband Niederrhein sieht sie nach wie vor in einer schwierigen Phase: "Die Zahl der Vereine und der Mannschaften sinkt, aber wir wollen alles tun, um diesen Trend zu stoppen." Dass der Kreis dabei gegen gesellschaftliche Trends angehen muss, ist ihr bewusst: "Aber wir sind alle engagiert und tun alles, damit es besser wird." Einen Zusammenschluss mit den Kreisen Wuppertal und Solingen hält sie nicht für sinnvoll: "Wenn es nach mir geht, bleiben wir eigenständig, sonst gehen wir unter."

Einen Wunsch an die Klubs für die neue Saison hat sie auch: "Wir sollten nicht vergessen, dass wir alle in einem Boot sitzen und für dieselbe Sache arbeiten." Etwas mehr miteinander und weniger Futterneid - "das wäre schön".

(RP)
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