Fußball Fußball im Kreis? Pfffffffffft!

Remscheid · Abpfiff. Mund abputzen, abschalten, warten auf die neue Saison. Wirklich? Kann man es sich mit dem Fußball im Kreis so einfach machen? Ein paar Wochen wie die drei Affen alle Sinne blockieren? Der bequeme Weg?

Die Befürchtung ist: Ja, genauso wird es sein. Wieder mal. Wie in der letzten Saison, und in der vorletzten und der davor. Die Hoffnung ist aber, dass die Alarmglocken viel zu laut schrillen, um sich einfach wegducken zu können.

Für die Bilanz der abgelaufenen Fußball-Saison Worte zu finden, fällt nicht leicht. Jedenfalls, wenn man sich nicht gleich dem Delling-Netzer-Gemaule ("noch tieferer Tiefpunkt") verdächtig machen will. Aber es hilft ja nichts. Der Erfolg, der sich übrigens nicht alleine in Titeln oder Aufstiegen bemessen lässt, macht um den Kreis Remscheid einen riesigen Bogen. Hier hat scheinbar die dunkle Seite der Fußball-Macht das Sagen. Wie ein schwarzer Stern saugt ein fußballerisches Über-Ich Mannschaften von der Bildfläche jenseits der breitensport-orientierten Kreisklassen. Hasten, Ayyildiz und sogar der einst so stolze, so erfolgreiche SV 09/35 Wermelskirchen - sie alle fristen künftig ein Dasein im Kicker-Nirwana. Absteiger aus der Bezirksliga, alle drei. Opfer der Liga-Reform? Nur bedingt. Alle drei Teams gehören in der Verfassung der abgelaufenen Saison einfach nicht in ambitioniertere Ligen. Besserung in Sicht? Naja, die Hoffnung stirbt zuletzt . . .

In der Saison 2015/16 ist der Kreis damit bei den Herren nur noch mit einem Landes- und zwei Bezirksligisten (inklusive Aufsteiger BV Burscheid) vertreten. So wenig war nie. Auch der FC Remscheid muss weiter von einem wahrnehmbaren Comeback träumen. Vom Dazugehören, wenigstens zur Oberliga. Dort, wo er sich einst einen klangvollen Namen erwarb, wo große Erfolge entstanden, wo sich inzwischen aber in einer entwerteten Liga auch genug andere Gescheiterte tummeln. Im elften Jahr in Folge - das kurze Aufstiegs-Intermezzo 2009/10 in der damals Niederrheinliga getauften Klasse mal ausgeklammert - tummeln sich die Blau-Weißen nun in der Landesliga. Warum der Erfolg hartnäckig den FCR großräumig umschifft? Strukturwandel in der Wirtschaft und mithin bei den Förderern, hausgemachte Konflikte, hier und da auch eine Portion Pech. Ein Konglomerat aus Vielem.

Grundsätzlich krankt der Fußball im Kreis an einer Seuche, deren Bekämpfung nur zwei geeignete Mittel kennt: Seriosität und Geduld. Der Zeitgeist liebt vielleicht das Tempo, den schnellen Erfolg. Hoppla, jetzt komm' ich und zeig' Euch allen mal, wie's funktioniert. Die Halbwertzeit dieser Attitüde und der ihr nacheifernden Personen ist jedoch bekanntlich gering.

Ein vernünftig geführter Klub braucht kontinuierliches Wachstum, Augenmaß, Realitätssinn, das mit viel Mühe erarbeitete Vertrauen - auch der Wirtschaft - in seine Struktur und Ziele. Er braucht Fachwissen und die breite Brust, mit Rückschlägen souverän umgehen zu können. Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit, dazu eine tragfähige Basis aus Nachwuchs- und Breitensport. Auf diesem Humus kann Erfolg wachsen. Wirtschaftlich und sportlich. Aber das braucht eben Seriosität und Geduld.

Es gibt auch bei uns immer wieder zarte Pflanzen, die scheinbar auf dem richtigen Weg sind. Wer hätte gedacht, dass der Dabringhausener TV mal aus dem Schatten des Lokalrivalen SV 09/35 heraustritt? Und das hartnäckig? Inzwischen basteln sie im lila-weißen Dorf schon an der vierten Senioren-Mannschaft. Anderenorts fällt es schon schwer, nur eine zu stabilisieren. Dass das eine vorübergehende Erscheinung ist und beim DTV nur mit viel Geld funktioniert, ist ein sich hartnäckig haltendes Gerücht. Aber: Rund um die feierlustige Dorfgemeinschaft hat bisher noch niemand die vermeintlich sprudelnden Ölquellen oder russische Oligarchen entdeckt, die aus Höferhof und Asterweg für Fußballer ein Land aus Milch und Honig zaubern.

Es gibt weitere Beispiele dafür, wie beharrliches Tun in jeder Hinsicht Mehrwert schafft. Zum Beispiel die boomende Nachwuchsabteilung des SSV Bergisch Born. Dort baut sich kontinuierlich mitsamt der nötigen Infrastruktur etwas auf, dort sprudeln interessante Ideen. Wenn sich dann auch noch Kontinuität einstellt, vielleicht sogar bei den handelnden Personen, dann kann man auch im kleinsten Fußballkreis des FVN etwas bewegen. Dann heißt es vielleicht in ein paar Jahren nach einer Saison mal nicht wieder mal: Die Luft ist raus. Pffffffffft!

(RP)
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