Rollhockey Werbung auf Bussen, Weitsicht in den Unternehmen

Remscheid · IGR-Vize Georg Feldhoff macht sich Sorgen um den Sport in Remscheid und mahnt mehr Solidarität und mehr Kreativität an.

Auch wenn die Tabellensituation mit nur einem Sieg aus den bisherigen sechs Partien aktuell nicht besonders schnittig aussieht. "Wir sind sportlich voll im Soll", sagt Georg Feldhoff. Nachdenklicher wird der stellvertretende Vorsitzende der IGR Remscheid aber, wenn er die Perspektiven des Sports in Remscheid betrachtet und deswegen mehr Solidarität, mehr Aufmerksamkeit und mehr Kreativität einfordert.

Die Stadt Wuppertal ist genauso pleite wie Remscheid. Dort wird aber im neuen Jahr ein weiterer Kunstrasen-Fußballplatz samt einer Bahn für sogenannte Roller-Derbys für 325 000 Euro gebaut. Zu 80 Prozent aus dem Förderprogramm Soziale Stadt, 65 000 Euro schießt die Stadt dazu. Neidisch?

Feldhoff Na klar. Wenn ich so etwas höre, frage ich mich immer: Wieso geht so etwas woanders? Wir würden gerne endlich die Außenbahn mit einem vernünftigen Belag und einem Zaun drumherum haben. Wo sind unsere Experten, die wissen, welche Töpfe man anzapfen kann, um in schwierigen Zeiten dafür ein paar Euro zu bekommen? Bei mir entsteht der Eindruck, dass bei uns nur noch an allen Ecken und Kanten gespart wird. Aber auf diese Weise stirbt die Stadt noch ein Stückchen mehr. Und wenn wir nicht genau aufpassen, hört sie bald ganz auf zu atmen.

Wer muss aufpassen?

Feldhoff Wir alle. Der Sport, die Kultur, die Stadt, die Industrie, die Vereine, die Institutionen. Wir alle müssen uns fragen, wohin es mit dem Sport in der Stadt künftig gehen soll.

Wohin geht es Ihrer Meinung nach?

Feldhoff Wenn kein Umdenken erfolgt - steil bergab. Es darf nicht nur eine breite Masse geben. Schöne Wanderwege sind prima, aber eine Stadt dieser Größe braucht auch zwei, drei Leuchtturmprojekte, die mit ihrer Strahlkraft für Interesse sorgen und das Wir-Gefühl stärken. Das dürfen wir nicht den umliegenden Städten überlassen.

Sie meinen mit Leuchtturmprojekten natürlich die IGR Remscheid . . .

Feldhoff Ja, aber dazu gehört auch der FC Remscheid, die HG Remscheid oder die Footballer des Amboss. Aber alle haben dieselben Sorgen.

Die Stadt kann aber kein Geld geben . . .

Feldhoff Das sehe ich genauso, das würde ich als hier lebender Steuerzahler auch nicht wollen. Aber sie kann versuchen, bestehende Töpfe bei Land und Bund anzuzapfen. Und sie kann uns Ehrenamtlichen in den Vereinen das Leben leichter machen.

Wie?

Feldhoff Zwei Beispiele: Uns hat der NRW-Verband gefragt, ob wir ein internationales U 13-Turnier in Hackenberg ausrichten wollen. Würden wir gerne, aber als wir beim Sportamt wegen Halle und Unterbringung der Gäste nachgefragt haben, gab es erst einmal eine Ablehnung. Zweites Beispiel: Jedesmal, wenn wir unser internationales Turnier um den Bergischen Löwen ausrichten, ist das ein riesiger bürokratischer Aufwand. Immer wieder werden dieselben Themen diskutiert, immer wieder tauchen Vorschriften auf, die angeblich etwas unmöglich machen. Da ist die Stadt kein Dienstleister, der von sich aus etwas für den Verein tut. Da sind wir Bittsteller und müssen uns jeden Zentimeter erkämpfen. Das zermürbt. Und irgendwie kommt dann der Gedanke, dass das Sportamt auch irgendwann überflüssig wird, wenn es den Sport nicht mehr gibt. Ich bin jetzt seit 15 Jahren bei der IGR aktiv, aber mir wird immer weniger klar, was die Stadt in Sachen Sport überhaupt will.

Aber es gibt doch auch positive Beispiele. Es gibt den Röntgenlauf . . .

Feldhoff Prima Sache, und tatsächlich ein gutes Beispiel: Beim Röntgenlauf klappt alles wie am Schnürchen. Da werden ganze Straßen gesperrt, der Verkehr umgeleitet, da werden Hallen zu Schlafquartieren gemacht. Wenn wir das machen wollen, gibt es immer gleich Bedenken, obwohl bei uns noch nie etwas Gravierendes passiert ist. Ich will damit sagen: Wenn man etwas will, kann man es auch in Remscheid umsetzen. Aber manchmal wird scheinbar mit zweierlei Maß gemessen.

Ihre Kritik trifft aber auch die Industrie . . .

Feldhoff Richtig. Auch hier ist die Unterstützung unzureichend. VIP-Plätze bei Spielen der Fußball-Bundesliga, zu denen man Geschäftspartner mitnehmen kann, machen für die Firmen durchaus Sinn. Aber dafür den Sport vor der eigenen Haustüre weniger zu beachten, ist zu kurz gedacht. Wie soll ich denn hochqualifizierte Arbeiter in die Stadt locken, wenn die Infrastruktur vor sich hin bröselt und die Attraktivität sinkt? Dazu gehört auch der Sport. Er macht die Stadt bunt, er bereichert das Leben für die vielen Sportler und Sportinteressierten. In anderen Städten sind beispielsweise die Stadtwerke viel stärker als bei uns in die Unterstützung der Vereine involviert. Wir haben bald einen Termin bei der EWR, mal sehen, was dann passiert . . .

Was können sie Werbepartnern denn bieten?

Feldhoff Nichts, wodurch sie sofort reicher werden. Aber ich finde, dass man es andersherum auch mal sehen muss: Durch kulturelle Vielfalt, durch sportliche Leistung, durch gute Unterhaltung wird die ganze Stadt reicher. Davon profitiert letztlich auch die Wirtschaft. Aber es bedarf eben auch einer vernünftigen Infrastruktur.

Was meinen Sie damit?

Feldhoff Zwei Beispiele. Erstens: Langsam aber sicher kommt die Bande in Hackenberg in die Jahre. Wenn wir sie selber gegen eine Plexiglasbande austauschen wollten, die auch von unseren Jugendlichen leicht auf- und abzubauen ist, würde das rund 45 000 Euro kosten. Aber unser gesamter Jahresetat beträgt nur 40 000 Euro. Da muss die Stadt einspringen. Zweitens: Wir sind in die zweite Europapokalrunde eingezogen. Das ist super, war aber eigentlich gar nicht geplant und wirft unseren Etat ziemlich durcheinander. Wenn es in Runde zwei in Hin- und Rückspiel gegen die Spanier aus Reus geht, kostet uns das insgesamt etwa 5000 Euro. Das ist verdammt viel Geld, das wir nicht haben. Es ist schön, wenn der Name Remscheid international bekannt wird, aber ich hätte nie gedacht, dass Erfolg solche Probleme nach sich ziehen kann.

Was wünschen Sie sich?

Feldhoff Dass die Stadt ihre guten Leute - und die gibt es - einfach mal von der Leine lässt, dass sie mitdenkt, von sich aus Lösungen sucht, Vertrauen in uns Sportler hat und auch mal ein Auge zudrückt und uns auf dem kurzen Dienstweg unterstützt. Damit würden wir Zeit sparen und könnten uns auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren. Und wie wäre es, wenn die Stadtwerke uns bei der PR helfen? Viele Busse in der Stadt haben keine Werbung mehr. Warum nicht auf die nächsten Heimspiele von FCR, HGR, IGR oder Amboss hinweisen? Warum nicht an prominenter Stelle Plakate mit Ankündigungen aufhängen? Es gibt so viele Möglichkeiten und so viele Ideen, die nicht tausende Euros kosten. Man müsste sie nur mal umsetzen.

(RP)
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