Remscheid "Titus wollte die Welt mit Liebe vollpumpen"

Remscheid · Mozarts "Titus" in der Regie von Igor Folwill hat am Wochenende zwei Vorstellungen im Teo Otto Theater. Bei der Eigenproduktion aus Solingen spielen die Bergischen Symphoniker.

 Das Plakatmotiv für die Eigeninszenierung der Oper "Titus".

Das Plakatmotiv für die Eigeninszenierung der Oper "Titus".

Foto: Kultumanagement.

Geld und Macht verderben den Charakter. Lügen macht hässlich. Gelegentlich sind aber Königsmörder unterwegs. So hält sich bis heute das Gerücht, dass beim vorzeitigen Ableben des römischen Kaisers Titus sein Bruder die Finger im Spiel hatte. In die Zeit des Titus, dessen Karriere unter dem Brandstifter Nero begann, fallen die Zerstörung des Tempels in Jerusalem und der Bau des Brot-und-Spiele-Kolosseums.

Etwas ganz anderes macht Mozart aus diesem Thema. In seiner zweiaktigen Oper ist dieser Kaiser ein Mensch, der zwischen Pflicht und dem Wunsch zu helfen, zwischen Macht und Milde zerrissen wird. Am 4. Mai hatte "Titus" Premiere im Theater und Konzerthaus in Solingen - als Eigeninszenierung der Stadt in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik Köln und in der Inszenierung von Igor Folwill. Am Samstag und am Sonntag finden Vorstellungen im Teo Otto Theater statt. Die beiden Theater verbindet bei den Eigenproduktion eine gute Tradition der Zusammenarbeit. "Bei den Möglichkeiten des Theaters könnte ich mir sogar vorstellen, das Publikum auf die Bühne zu setzen und den ,Fliegenden Holländer' im Zuschauerraum spielen zu lassen." Igor Folwills Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt. So gibt es bei "Titus" auch einiges an Besonderheiten. Der weiße Bühnenboden ist über den Orchestergraben bis an die erste Zuschauerreihe gebaut. Ganz nah sollen Protagonisten und Geschehen am Publikum dran sein. Das Orchester wird hinter den Sängern auf der Bühne postiert, der Dirigent ist dabei von den Akteuren über Leinwand zu sehen. Theater mal umgekehrt.

"Mozarts letzte Oper hat man lange für unaufführbar gehalten", erläutert Folwill. Denn die Tragweite dieses doch Fragment gebliebenen Werkes könne gar nicht richtig ermessen werden. Das Thema ist aktuell: "Titus möchte humanistisch sein, an das Gute glauben und die Welt mit Liebe vollpumpen", erklärt der Regisseur. "Das Böse wird dabei ausgeblendet, und Titus zerbricht an der Wirklichkeit." Das sei nicht nur ein Problem der Aufklärung.

Sorgen "Don Giovanni" oder "Die Zauberflöte" für volle Häuser, gilt "Titus" als "60-Prozent-Stück". "Aber ich bin total glücklich, hier dem Zuschauer die Angst vor diesem Werk nehmen zu können." Glücklich ist auch Generalmusikdirektor Peter Kuhn, der die Bergischen Symphoniker, den Solinger Theaterchor und die Solisten musikalisch leiten wird. Denn "Titus", den er bereits in seiner Zeit an der Bielefelder Oper aufgeführt hat, gehört zu seinen Lieblingen. "Es ist sehr merkwürdig, denn in der Musik wirkt rein äußerlich alles reduzierter, alles wird auf erstaunliche Art verkürzt." Habe sich Mozart bei der Komposition der "Zauberflöte" geradezu gelangweilt, so war er bei "Titus" Feuer und Flamme.

Auch Tenor Mark Adler ist von der Titelrolle begeistert. "Tamino und Belmonte habe ich gesungen - Titus noch nie." Als die Anfrage kam, gab es kein großes Überlegen. "Diese Rolle ist faszinierend: mal lyrisch, mal dramatisch, mal koloristisch. So fängt Mozart das Zerrissene dieses Charakters ein." Heimatgefühle bei Folwill: "Wir freuen uns jedes Jahr, für ein paar Wochen hier arbeiten zu dürfen, weil alle an einem Strang ziehen."

(RP)
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