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Remscheid Von Jesus, Dostojewski und Sigmund Freud

Remscheid · Theologe Eugen Drewermann sprach bei den Hasenberger Gesprächen über die Bibel.

 Theologe Eugen (r.) Drewermann im Gespräch mit einem Besucher

Theologe Eugen (r.) Drewermann im Gespräch mit einem Besucher

Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Zum Schluss hin muss er bei der Fragerunde ein Zeitlimit aussprechen - "bis halb zehn Uhr kann ich noch Fragen beantworten", sagte der bekannte Kirchenkritiker und suspendierte Priester Eugen Drewermann mit Blick auf die Uhr. Drewermann war am Montagabend im Rahmen der Hasenberger Gespräche im Evangelischen Gemeindezentrum in Hasenberg zu Gast und sprach gut anderthalb Stunden vor mehr als 100 interessierten Zuhörern, die teilweise bis draußen im Flur stehen mussten, weil keine Sitzplätze mehr im Saal vorhanden waren. Dabei war Drewermanns Thema keineswegs leichte Kost: Sein Vortrag stand unter dem Titel "Heilen und Heilung im Neuen Testament. Tiefenpsychologische Deutungen biblischer Passagen". Ein "wirklich wichtiges Thema", wie der 75-Jährige, der selbst auch ausgebildeter Psychoanalytiker ist, gleich zu Beginn deutlich machte.

Faszinierend mitzuerleben war das, was wohl in unzähligen Vorträgen geschult worden war: Wie Drewermann ohne auch nur einmal zu stocken oder sich zu versprechen, seinem Publikum den Zusammenhang zwischen Glauben und Vertrauen sowie zwischen Sünde und Verzweiflung deutlich machte und dabei den Dreh zur modernen Psychoanalyse hinbekam, die mit dem jüdischen Atheisten Sigmund Freud im 19. Jahrhundert ihren Anfang genommen hatte. Empathie sei dabei das Kernwerkzeug: "Wir müssen verstehen lernen, nicht das Leid und die Verzweiflung des Anderen nur nachvollziehen", betonte Drewermann.

Immer wieder zog der 75-Jährige dabei Jesus von Nazareth und den großen russischen Schriftsteller Fjodor Dostojewski heran: "Dostojewski hat gesagt: Es muss doch für jeden einen Ort geben, zu dem er hingehen kann!" Jesus könne dieser Ort sein, sagte Drewermann weiter: "Das Gleichnis des Schäfers, der am Abend das verlorene Schaf suchen geht, gehört für mich zu den schönsten Szenen im Neuen Testament." Und dann brachte die Zuhörer gleich wieder weiter zur Psychoanalyse: "Alles was wir heute Psychotherapie nennen, steckt in diesem einen Bild des Schäfers, der das ermüdete und erschöpfte Schaf schließlich wiedergefunden hat, es aber nicht auch noch bestraft, sondern vielmehr auf der Schulter nach Hause trägt." Denn nichts Anderes könne Psychotherapie sein: "Suchen, nachspüren und, mit Glück, finden. Von alleine kommen die Menschen, die da draußen verloren sind, nicht zurück."

Da kam natürlich die Frage aus dem Publikum im Anschluss nicht überraschend: "War Jesus denn der erste Psychotherapeut?" Drewermanns Antwort: "Jein. In der Bibel geht es nicht um Psychologie, was sogar etwas bedauernswert ist. Es ist aber nun einmal kein Buch von Intellektuellen - die kamen erst später. Jesus machte aber das, was ein guter Psychotherapeut machen sollte, nur hatte er dafür nicht das, was wir heute Methode nennen." Allerdings sei die Gnade so etwas wie eine biblische Methode, fügte er hinzu und betonte: "Wo ein Mensch sich aufschließt für die Nöte des Nächsten - das ist Gnade."

(RP)
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