Remscheid Wand an Wand mit den Tigern leben

Remscheid · Tom Dieck (32) übt als Dompteur beim Zirkus Knie einen Risikoberuf aus. Die Rangordnung darf nie verrutschen.

 Den Respekt vor dem Tiger hat Tom Dieck nie verloren. Seine Raubtiernummer zeigt der Dompteur beim Zirkus Knie, der über das Pfingstwochenende auf dem Schützenplatz gastiert.

Den Respekt vor dem Tiger hat Tom Dieck nie verloren. Seine Raubtiernummer zeigt der Dompteur beim Zirkus Knie, der über das Pfingstwochenende auf dem Schützenplatz gastiert.

Foto: Nico Hertgen

Fürsorglich hält Elena La Porta ihren Sohn an der Hand. "Papa", ruft Klein-Luan und Tom Dieck winkt fröhlich zurück - das Bild einer ganz normalen Familie, nur dass Papa gerade einen Tiger umarmt. Tom Dieck junior entstammt einer Zirkusdynastie. Großvater und Vater waren bereits Dompteure, in ihre Fußstapfen ist der heute 32-Jährige getreten.

Im zweiten Jahr tritt er unter dem Dach des Zirkus' Charles Knie auf. Acht Monate im Jahr lebt er mit Frau und Kind im geräumigen Wohnwagen direkt neben seinen Tieren, einer gemischten Raubtiergruppe mit vier Tigern, zwei weißen Löwen und zwei "Ligern", einer Kreuzung aus einem männlichen Löwen und einer Tigerin. Das Leben im Zirkus sei heute nicht mehr so, wie man es aus "romantischen Zirkusfilmen" kenne. Die Wagen weisen hohen Komfort auf, jeder kann auf 'zig Fernsehprogramme zurückgreifen und dass die ganze große Zirkusfamilie einträchtig zum Essen am Tisch zusammenkommt, komme mit Ausnahme von Premieren- oder mal einer Geburtstagsfeier kaum mehr vor.

Seine Frau hat Tom Dieck in Südfrankreich bei einem Gastspiel kennengelernt und sie später zufällig noch einmal wiedergetroffen. "Da hat es dann gefunkt." Die gelernte Mediendesignerin ließ sich auf ein Leben im Zirkus, auf einen Alltag zwischen Vorstellung, An- und Abreise ein. "Heute kann ich mir nichts anderes mehr vorstellen", sagt Elena La Porta, die italienische Wurzeln hat, aber in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Angst um ihren Mann hat sie genauso wenig wie er. "Als Raubtierdompteur muss man sicher Respekt haben, aber genauso Selbstbewusstsein ausstrahlen. Sonst will der Ranghöchste der Gruppe meinen Platz einnehmen und dann wirdQs eng", sagt der Tierlehrer.

Natürlich übe er einen Risikoberuf aus. Wenn Unfälle passieren, wie seinerzeit beim berühmten Tierlehrergespann Siegfried und Roy, gingen einem diese Szenen schon durch den Kopf. "Das ist aber bei einem Rennfahrer auch nicht anders", findet er. Dass er vom Tierschutz kritisch beobachtet wird, weiß Tom Dieck junior. "Das ist in Ordnung. Die Welt verändert sich. Vor 30 Tagen lebten Raubtiere im Zirkus nur im Wagen. Wir haben aber selbst gemerkt, dass es unseren Tieren besser geht, wenn wir sie anders halten." Seine Großkatzen leben jeweils zu zweit in einem Gehege, das mit Wasserplatz und ein paar aufgestellten Bäumen ausgestattet ist. Von dort können sie selbstständig ihren Schlafplatz im Reisewagen erreichen. Natürlich seien dies keine Bedingungen wie in freier Wildbahn. "Daher stammen meine Tiere aber auch nicht. Sie leben mindestens seit 20 Generationen in Gefangenschaft."

Würde ihm ein in Freiheit geborenes Tier angeboten, würde er es nicht annehmen, versichert er. Die beiden mächtig großen Liger seien aus einem "Unfall" entstanden. Die Elterntiere hätten acht Jahre vor der Paarung in einer Raubtiergruppe nebeneinander her gelebt. "Und dann ist es eben passiert." Die Raubkatzen seien damit da gewesen und er habe sie übernommen. Elf Jahre sind die Liger alt - "und kerngesund", weist er auch hier Vorwürfe, mit fern der Natur gezüchteten Hybriden zu arbeiten, zurück.

Ob der heute zweijährige Luan Tammo die Tradition der Dompteurfamilie weiterführen wird? "Als Vater fände ich das natürlich schön. Ob es aber mal so kommen wird, weiß man heute nicht. Es wird sicher nicht einfacher", sagt Tom Dieck hinsichtlich der zurückgehenden Zahl an Großzirkussen, die sich eine Nummer wie seine noch leisten können. Außerdem sei auch zu erwarten, dass es zunehmend strengere Auflagen und Vorschriften geben werde.

(bona)
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