Remscheid Wie es sich anfühlt, dement zu sein

Remscheid · Schüler der AvH-Realschule durchliefen Demenz-Parcours, auf dem Alltägliches zur Herausforderung wird.

Mit dieser Spezialbrille, die den Grauen Star simultiert, und speziellen Handschuhen hatten Kimberly (13) und Alexandra (13) Probleme beim Schreiben.

Mit dieser Spezialbrille, die den Grauen Star simultiert, und speziellen Handschuhen hatten Kimberly (13) und Alexandra (13) Probleme beim Schreiben.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Kimberley (13) sitzt ganz konzentriert über dem Formular. Den Stift in der Hand kann sie nur schwerlich führen. Das liegt nicht nur an der schlechten Sicht, sondern auch an der Hand, mit der sie nicht mehr so gut fassen kann. "Es ist sehr schwer zu schreiben", gibt die Realschülerin zu.

Kimberley durfte gestern zusammen mit rund 70 Mitschülern aus den Klassen sieben und acht in der Aula der Alexander-von-Humboldt-Realschule (AvH) den Demenz-Parcours vom Demenz-Servicezentrum-Bergisch Land ausprobieren. So konnte sie am eigenen Körper erfahren, wie es ist, wenn alltägliche Dinge des Lebens auf einmal zur großen Herausforderung werden. "Das ist gut zu wissen, wie schwer das ist und wie die Erkrankten dann die Welt sehen", erklärt die Achtklässlerin.

Neben den Brillen, die verschiedene Augenkrankheiten wie den Grauen Star simulieren, helfen Ohrenschützer und spezielle Handschuhe, die Nebenwirkungen der Erkrankung nachzuempfinden. Dazu kommen vier weitere Stationen, die verdeutlichen, wie sehr Demenzerkrankte mit Sprache, räumlicher Wahrnehmung und Abläufen zu kämpfen haben.

Die Stationen "Butterbrot schmieren" oder "Kaffee kochen" umfassen mehrere Einzelschritte, die zur Herausforderung werden können. Es sei schwer nachzuvollziehen, wie komplex der Alltag werde, wenn die Abläufe nicht mehr routiniert sind, sagt Monika Wilhelmi vom Demenz-Servicezentrum. Vor rund zehn Jahren hat sie den Parcours entwickelt, um die Krankheit für Gesunde erfahrbar zu machen. "Auch wenn die Erkrankten mal einen Fehler machen, ist es wichtig, sie den Vorgang trotzdem weiter machen zu lassen. Je mehr man übt, desto besser ist es", merkt Wilhelmi an.

Die Schüler hat die Expertin als sehr interessiert wahrgenommen. "Sie können es besser verstehen, wenn sie es selbst ausprobieren. " - etwa beim spiegelverkehrten Nachzeichen von einem Stern oder beim Versetzen von Mensch-Ärger-Dich-Nicht-Spielfiguren. "Sie können alte Menschen nun verstehen, wenn sie sich ärgern", bemerkt Lehrerin Kerstin Röhrig-Stephan, die unter dem Motto "AvH sozial" regelmäßig Projekte mit dem Altenheim Wiedenhof organisiert. "Der Parcours ist gut, da kann man das besser verstehen", sagt Alexandra (13). Klassenkamerad Nils (14) hat besonders die Brille beeindruckt: "Man sieht alles komplett anders. Die eigene Hand war nicht mehr da, wo sie sonst ist". Im Religionsunterricht soll das Thema Demenz weiter vertieft werden.

(lupi)
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