Remscheid Winterzauber und Piratenabenteuer

Remscheid · Überraschungskonzert der Bergischen Symphoniker am 2. Weihnachtstag weckte Begeisterung.

 Pianist Karsten Scholz spielte den Steinway im Teo Otto Theater kurz vor Beginn des Weihnachtskonzerts der Bergischen Symphoniker an.

Pianist Karsten Scholz spielte den Steinway im Teo Otto Theater kurz vor Beginn des Weihnachtskonzerts der Bergischen Symphoniker an.

Foto: Moll, Jürgen (jumo)

Zwei unbekannte Werke bekannter Komponisten und ein Überraschungspaket über ein sehr bekanntes Thema eines heute eher unbekannten Komponisten standen auf dem Programm des traditionsreichen Konzerts der Bergischen Symphoniker am zweiten Weihnachtstag. Sehr gut besucht war es, festlich waren Kleidung und Stimmung im Foyer des Teo Otto Theaters, lang war die Schlange Kurzentschlossener an der Abendkasse. Generalmusikdirektor Peter Kuhn versprach Abenteuerliches von der "Schatzinsel" der Musik.

Aber das Konzert begann ganz freundlich, voller Poesie eines Blauen Vogels, den Engelbert Humperdinck zum Held einer selten gespielten Märchenoper machte. Am Dirigentenpult stand die junge Corinna Niemeyer. Sie ist Stipendiatin der Orchesterakademie, die, einzigartig in der Orchesterlandschaft, jungen künftigen Berufsmusikern Praktikumsplätze ermöglicht.

Auf eine sanfte, doch sehr zielstrebige Weise leitet sie das große Orchester. Weite Bögen zeichnen die ausgebreiteten Arme wie Brücken in Schwüngen um das Orchester, lassen die einzelnen Instrumentengruppen aufleuchten und doch alle in einem gemeinsamen schönen Strom fließen. Er malt die Farbe Blau im Flug des Vogels, die Märchenfarbe der Romantik.

Ein "monströses Unikum" erwarte nun die Zuhörer, versprach gut gelaunt Peter Kuhn. Man solle nicht die Geduld verlieren, aber das Konzert des Ernst von Dohnányi (1877-1960) könne am Anfang schon erschrecken, aber dann! Dann würden alle durch wundervollen Überraschungen entschädigt. Er hatte recht, es dräute düster in bedrohlichen Akkordballungen, in tiefer, alptraumhafter Dissonanzen- Nacht, und dann auf einmal, als wäre nichts gewesen, tupft Pianist Karsten Scholz in Kinderart das vertraute Lied zur Weihnachtszeit, über das schon Mozart zauberhafte Variationen geschrieben hat. "Morgen kommt der Weihnachtsmann" ist das Thema, und er kommt freundlich, lässt Kugeln in rasenden Glissandi auf den Klaviertasten rollen, lässt Flöten und Fagotte witzig miteinander parlieren, das Blech ganz schön schräg miteinander feiern, und dann ist doch tatsächlich zu hören, wie der Weihnachtsmann einen täppischen Walzer hinlegt, der sich unvermutet in fanfarenhafte, glänzende Marschmusik der Zinnsoldaten verwandelt. Wahre Kunststücke vollbringt Karsten Scholz am Klavier, leise zarte, engelhafte Passgen, wilde, sich überstürzende Akkordik, spöttische Rhythmen, melancholische Träume. Was für eine Musik, wild und irgendwie jenseits aller Stile! Peter Kuhn führt straff und temperamentvoll.

Gesteigert wird der Eindruck dieser kraftvollen, dynamischen Energie im dritten Konzertteil, der Musik von Erich Wolfgang Korngold zum Film The Sea Hawk aus dem Jahr 1940. Der "Freibeuter der Queen" und Weltumsegler Francis Drake gab die Vorlage ab für den Piratenfilm, der in die Zeit des englisch-spanischen Seekrieges im 16. Jahrhundert führt. Großes Orchester mit großer Percussion-Besetzung benötigt diese gewaltige Musik, die zu Anfang das Auf und Ab sich steigernder wilder Meereswogen malt, in der das Piratenschiff in wilde Kämpfe gerät, in feine Schlagwerkrhythmik, in sieghafte Helligkeit. "Süß" ließ zum Schluss das Orchester als Zugabe für das begeisterte Publikum die Glocken erklingen.

(RP)
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