Remscheid Wundertüte aus Brooklyn

Remscheid · Die Brüder Roman und Julian Wasserfuhr aus Hückeswagen haben ihr neues Album "Landed In Brooklyn" im Mutterland des Jazz aufgenommen. Herausgekommen sind neun Songs, die begeistern.

 Die Brüder Wasserfuhr spielten das neue Album in den System Two Recording Studios in Brooklyn ein.

Die Brüder Wasserfuhr spielten das neue Album in den System Two Recording Studios in Brooklyn ein.

Foto: Jimmy Katz

Die Brüder Roman und Julian Wasserfuhr aus Hückeswagen haben ihr neues Album "Landed In Brooklyn" im Mutterland des Jazz aufgenommen. Herausgekommen sind neun Songs, die begeistern.

Wer durchs Bergische Land fährt, durch die verträumten und üppigen grünen Wälder, durch die Industriestädte oder die kleinen Orte, der würde wohl nicht erwarten, dass ausgerechnet in der Schloss-Stadt Hückeswagen zwei der herausragendsten Nachwuchs-Jazzer zu Hause sind. Das Geschwisterpaar Roman und Julian Wasserfuhr kommt aus Hückeswagen und lebt dort nach wie vor auf einer eigenen Etage im Elternhaus. Im Keller haben die zwei sich ein Ton-Studio eingerichtet, in dem immer wieder bekannte und noch unbekannte Künstler aufnehmen. Sie selbst hat es indes für die Aufnahmen ihres fünften Albums "Landed In Brooklyn" zum Ort im Albumtitel gezogen - ins Mutterland des Jazz, nach New York, in die System Two Recording Studios im Stadtteil Brooklyn.

Dort haben die beiden mit musikalischen Hochkarätern wie dem Tenor-Saxophonisten Donny McCaslin, dem Bassisten Tim Lefebvre und dem Schlagzeuger Nate Wood unter der Aufsicht des Grammy-prämierten Produzenten Al Pryor ein so vielschichtig wie eingängiges Juwel erschaffen. Ob es am spiritus loci gelegen hat, sei einmal dahingestellt - Tatsache ist aber, dass das Album einen echten Quantensprung im weiß Gott nicht durchschnittlichen Schaffen des Duos darstellt. Neun Lieder sind in der nur zweitägigen Aufnahmesession in Brooklyn entstanden, über die die Wasserfuhr-Brüder begeistert urteilen: "Es war wunderbar!" Ein bisschen ausführlicher äußern sie sich über ihre Mitmusiker: "Es stimmt wohl, wenn man sagt, dass enorm gute Musiker nicht nur besonders gut spielen, sondern auch eine besondere Aura besitzen", sagt der 31-jährige Pianist Roman Wasserfuhr. Das kann der Hörer in jeder der 57 Minuten auf "Landed In Brooklyn" ganz einfach selbst nachvollziehen.

"Wir haben einfach unsere Köpfe ausgeschaltet und unseren Gefühlen freien Lauf gelassen. Konkrete Ideen hatten wir nicht, als uns Label-Chef Siggi Loch den Vorschlag unterbreitete, in New York aufzunehmen", erklärt der 29-jährige Julian Wasserfuhr, dessen Trompetenklang einmal mehr eine völlig faszinierende Mischung aus zerbrechlich und kraftvoll ist.

Dabei ist das Duo auch seiner Liebe zum Coversong treugeblieben. "Behind Blue Eyes" von The Who oder den "Englishman In New York" von Sting hatten die beiden schon auf früheren Alben nachgespielt. Mit dem Tokyo-Hotel-Hit "Durch den Monsun" sind die Wasserfuhrs diesmal in tiefste Pop-Regionen vorgedrungen. Herausgekommen ist dabei ein echtes Jazz-Unikat, das durch die fraglos eingängige Refrainmelodie Widerhaken tief ins Langzeitgedächtnis gräbt. Da wirkt die erneute Sting-Verbeugung "Seven Days" fast schon harmlos dagegen.

Aber nur fast. Denn harmlos, im Sinne von beliebig oder langweilig ist auf "Landed In Brooklyn" rein gar nichts. Im Gegenteil. Zu keiner Sekunde hört man den Songs an, dass sie neben den von Julian und Roman Wasserfuhr geschriebenen Grundgerüsten in weiten Teilen improvisiert sind. "Wir brachten Stücke und Manuskripte ins Studio, aber die Devise lautete: Mal sehen, was passiert", sagen die Jazz-Geschwister.

Das Ergebnis lässt in der Tat viel Raum für Improvisation, etwa bei "S.N.C.F.", bei dem sich Julian Wasserfuhr und Donny McCaslin mit ihren Soli gegenseitig zu Höchstleistungen antreiben. Oder in "Bernie's Tune", dem Opener, der von einer einfachen aber effektiven Pianomelodie dominiert wird. Oder "Tutto" mit seinen Trompetenklängen, die so wunderbar wattigweich klingen, dass man sich einfach nur in sie hineinlegen möchte.

"Landed In Brooklyn" ist eine musikalische Wundertüte, eingespielt von fünf echten Könnern auf Augenhöhe. Und die, ganz nebenbei, so viel Spaß macht, dass man sie immer wieder aufs Neue öffnen möchte - auf CD genauso wie auf Schallplatte. "Für Vinyl-Freunde gibt es das Album übrigens auch auf Schallplatte. Dafür wurde ein besonderer Mix angefertigt, das freut uns ganz besonders, weil es zugleich unsere erste Vinyl-Veröffentlichung ist", sagt Roman Wasserfuhr.

(RP)
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