Krieg der Welten Auf der Flucht vor Kampfmaschinen

In jedem Versager schlummert ein Held - das weiß zumindest das Hollywood-Kino. Ray Ferrier (Tom Cruise) hat sein Leben ziemlich vermasselt. Von seiner Frau getrennt, mit seinen Kindern stets im Clinch, im Job ohne Perspektive, wuselt er sich so durch.

Und da hat er andere Probleme, als auf erste Meldungen von seltsamen Ereignissen in der Ukraine zu achten. Das ändert sich, als auch in New York plötzlich dreibeinige Kampfmaschinen aus der Erde steigen und alles zerballern. Zusammen mit seinen Kindern (Dakota Fanning, Justin Chatwin) macht er sich auf die Flucht. Doch nirgends ist er vor den feindseligen, potthässlichen Aliens sicher, und nichts kann sie aufhalten. Bis auf eine winzige Kleinigkeit (und das im eigentlichen Wortsinn . . .).

Der Roman "Krieg der Welten" von H. G. Wells, 1898 erschienen, gehört zu den wichtigsten und spektakulärsten Stoffen der Science-Fiction. Legendär ist die Hörspielfassung von Orson Welles (1938), der mit seiner Pseudo-Reportage bei vielen Menschen Panik auslöste. Die erste Verfilmung aus dem Jahr 1952 gilt heute als Klassiker. Ein Wunder eigentlich, dass der dankbare Stoff erst jetzt wieder aufgegriffen wird (einmal abgesehen von Roland Emmerichs "Independence Day", der ein wenig bei Wells abkupfert, und der Satire "Mars Attacks!" von Tim Burton). Steven Spielbergs Neuverfilmung war schon für 2001 geplant, wurde aber nach dem 11. September vorerst auf Eis gelegt, da die Zuschauer es vorübergehend im Kino nicht so unterhaltsam fanden, wenn amerikanische Städte in Schutt und Asche gelegt werden.

Und das geschieht hier ausgiebig und reichlich. Das erste Drittel ist das beste. Zunächst lässt Spielberg es beinahe provokativ langsam angehen und zeigt Cruise ausführlich in seinem Generationskonflikt mit den Kindern. Dann baut er langsam die Bedrohung auf und hat dann - bei einem surrealen Gewitter - einige seiner spannendsten Momente, wo er auch richtig Angst macht. Das gipfelt im ersten Auftritt der außerirdischen Kampfmaschinen, packend inszeniert und mit wohltuend sparsamem Einsatz von Musik.

Nach der Flucht der Familie Ferrier aus New York verliert der Film allerdings an Linie, wird immer willkürlicher und unsinniger: Nach einem Flugzeugabsturz auf ein Haus ist im Umkreis von Hunderten von Metern alles, aber auch wirklich alles kaputt; nur das Auto der Ferriers, mittendrin, hat kaum einen Kratzer. Danach reiht sich eine Zerstörungsorgie an die nächste, es wird weiterhin viel demoliert, aber die Spannung lässt immer mehr nach. Gemacht ist das allerdings vorzüglich, tricktechnisch zumindest. Dass Steven Spielberg seinen Job versteht, muss eigentlich nicht eigens erwähnt werden. Doch die Verlegung eines Romans aus dem späten 19. Jahrhundert in unsere Zeit wirft eben auch Probleme auf.

Das Ende, seinerzeit ungewöhnlich clever und weitsichtig, wirkt heute abrupt, sogar banal. Es soll natürlich nicht verraten werden. jwi

(NGZ)
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