Gas-Warngerät erfunden / Kein Kapital für Vermarktung Auf Kapitalsuche auf Betrüger hereingefallen

Von Chris Stoffels

Von Chris Stoffels

Am Anfang steht eine geniale Erfindung: Ein neuartiger Gas-Warner. Die Auftragsbücher bei Erfinder Abi Soedingrekso sind voll. Doch er braucht Kapital für die Produktion. Ein Neusser verspricht ihm eine Million Mark und kassiert dafür über 45.000 Mark. Der Kapitalgeber ist wegen Betruges verurteilt, der Erfinder ruiniert und die Aufträge sind storniert.

Abi Soedingrekso, als Sohn einer Deutschen und eines Indonesiers vor 51 Jahren in dem Inselstaat geboren, macht eine bahnbrechende Erfindung: Der Diplom-Ingenieur, der bis dahin vor allem Triebwerke für den Münchener Flugzeughersteller Dornier baut, entwickelt ein neuartiges Gas-Warngerät. Mit einem geringen Aufwand und mit niedrigen Kosten lässt sich das Gerät auf diverse Gasarten einstellen vom Sauerstoff bis zu Arsen, von Erdgas bis zu Chlor.

Das Gerät wird vom Europäischen Patentamt anerkannt, die Erfindung ist patentiert. Was jetzt fehlt ist die Vermarktung. Soedingrekso hat Glück: Das Gerät ist mit recht einfachen Mitteln industriell herzustellen. Allein was fehlt, ist das Kapital. Eine Millionen Mark, so schätzt er, sind vonnöten, um den Warner produzieren zu können. Doch die Banken lehnen ab. "Wagnis-Kapital in Deutschland zu finden, ist sehr schwierig", sagt er heute.

Es nutzt ihm in den Verhandlungen mit den Banken auch wenig, dass Unternehmen bereits jetzt große Mengen der Warngeräte bestellen und dem Erfinder beste Marktchancen bescheinigen. Einer der Aufträge hat ein Volumen über fünf Millionen Mark. Soedingrekso, der seit 1971 mit seiner deutschen Frau und den beiden Kindern in Solingen lebt, wäre aus dem Gröbsten heraus.

Und dann kommt die Chance, die er zu diesem Zeitpunkt für die Beste seines Lebens hält: Ein auf den ersten Blick seriöser Geschäftsmann in Neuss ist bereit, ihm einen Kredit von einer Million Mark zu geben. Damit könnte Soedingrekso in der Doppelgarage seines Hauses mit der Produktion beginnen, die Aufträge erfüllen. Er schließt einen Vertrag. Sein Partner in Neuss: ein Unternehmen aus Arizona, USA, European Branch Office, mit Sitz in Neuss. Exekutive Vice President: Dipl.-Ing. Rolf S.

Der Erfinder bezahlt vereinbarungsgemäß 43.000 Mark "Abwicklungsgebühren" sowie 2.760 Mark "Überweisungsgebühren" und wartet auf die Million. Wöchentlich mahnt der Erfinder, es entwickelt sich ein reger Schriftverkehr. Nahezu wöchentlich mahnt Soedingrekso das Geld an. Er wird stets vertröstet, zuletzt mit den abenteuerlichsten Begründungen.

Einmal wird die Auszahlungen von Großbanken verzögert, ein anderes Mal liegt die Schuld bei einer Baseler Bank, dann platzt ein Scheck über 25 Millionen Dollar der Central Bank of Nigeria..... Soedingrekso wartet bis heute. Dem Erfinder platzt schließlich der Kragen. Er beauftragt ein Rechtsanwaltsbüro. Schnell ist der Hintergrund von Rolf S. geklärt: Geschäftsführer einer Karosseriebau- und Auto-Vertriebsfirma in Köln, Mitgesellschafter einer ominösen Neusser Beratungsgesellschaft, Handelsvertreter für Autozubehör, selbständig im Bereich Consulting - und keinerlei verwertbares Vermögen, dafür aber den Offenbarungseid geleistet.

Die Anwälte handeln: Der Staatsanwalt wird eingeschaltet. Vor dem Neusser Amtsgericht wird der heute 61-Jährige Rolf S. schließlich vor wenigen Wochen zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Die möglichen Abnehmer des Gas-Warngerätes haben sich längst anders orientiert. Der Erfinder hat für die 45.000 Mark "Gebühren" sein Haus belastet, er lebt von Krediten, bekommt als 51-Jähriger keinen Job mehr, das Haus steht kurz vor der Zwangsversteigerung. Das einzige, was ihm bleibt: eine fast geniale Erfindung. Und er hat noch nicht aufgegeben, einen Kapitalgeber zu finden.

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