Rhein-Kreis Neuss Bauernprotest kippt Düngeverordnung

Rhein-Kreis Neuss · Immer häufiger formiert sich neuerdings bäuerlicher Protest vor der Düsseldorfer Staatskanzlei. Am Donnerstag betraf es die seit langem köchelnde Novellierung der Düngeverordnung, gegen die die Landwirtschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe mehr als 800 Landwirte mobilisieren konnten. Mit Erfolg.

Die Änderungsanträge zu der Verordnung, die nach Ansicht der Bauern fachlich ohnehin nur schwer zu begründen seien, wurden zurückgezogen.

Ausgerechnet Nordrhein-Westfalen hatte - an der Spitze mehrerer grün mitregierter Bundesländer - in dem Konflikt zwischen dem Anspruch auf sauberes Trinkwasser einerseits und den Praxis-Zwängen der Landwirtschaft andererseits auf eine Verschärfung der Düngeverordnung gesetzt. Der Vorstoß sorgte für große Aufregung. Was die Landwirte dabei in Rage brachte, war die vom Umweltministerium in Person von Johannes Remmel geplante Verschärfung der Auflagen. Da würde existenzbedrohend draufgesattelt, empört sich Bernhard Conzen, Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, über die überraschend erhobenen Zusatzforderungen, mit denen ein im Januar zwischen den Bundesländern, den beteiligten Bundesministern und dem Bundestag erzielter Kompromiss geplatzt wäre. Doch unter dem Eindruck der Bauernproteste wurde die Verschärfung der Düngeverordnung gestoppt.

In nitrat-sensiblen Gebieten, so die Überzeugung der Bundesländer mit einem grünen Landwirtschaftsminister, sollte eine Begrenzung der organischen Düngung von bisher 170 Kilogramm auf 120 Kilo Stickstoff pro Hektar, sowie eine Deckelung der Stickstoffausbringung auf 90 Prozent des Bedarfs durchgesetzt werden. "Landwirte können nicht weiter ihren Abfall in der Landschaft abladen. Sonst kommt die Wasserversorgung der Bürger zum Erliegen", macht Johannes Remmel Druck. Für den NRW-Minister "ist die Grenze des Verkraftbaren überschritten".

Beinahe wortgleich bezogen die Landwirte Position, wenn auch in anderer Richtung. "Das ist eine Unverschämtheit, fünf Minuten vor zwölf die seit mehreren Jahren strittigen Nitrat-Richtlinien in dieser Weise infrage zu stellen", wettert Wolfgang Wappenschmidt als Kreislandwirt im Rhein-Kreis. In diesem Jahr wäre kaum noch Zeit geblieben, um tragbare Kompromisse zwischen der Politik und den Landwirten zu finden, sagt er. Wappenschmidt erkennt zwar beim Schutz des Grundwassers in einigen Gebieten grundsätzlich Handlungsbedarf an, "aber die landwirtschaftliche Notwendigkeit bleibt bestehen, die Pflanzen nach ihrem Nährstoffbedarf zu düngen." Sonst stimmten die Ernten nicht und kein Betrieb käme mehr über die Runden.

Stefan Schwengers in Kaarst wäre mit seiner 150-köpfigen Milchviehherde von einer Verschärfung der Düngeverordnung direkt betroffen gewesen. Auch er zog deshalb verbal ordentlich vom Leder: "Für meinen Betrieb wäre das überlebensbedrohend", sagt der Bauer, der in der Konsequenz entweder ein Viertel seiner Kühe hätte abschaffen oder Fläche hinzupachten müssen. Schwengers blickt kurz über die Grenze und pickt die europäische Ungleichheit der Zulassungen und Verordnungen auf: "Meine niederländischen Berufskollegen wirtschaften mit 230 Kilo Stickstoff je Hektar viel entspannter."

(NGZ)
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