Fragen und Antworten So funktioniert Karneval in Neuss

Neuss · Die Neusser Jecken feiern Karneval auf ihre ganz eigene Weise. Kappessonntag wird größer zelebriert als Rosenmontag. Wieso eigentlich? Hier gibt es Antworten auf diese und andere Fragen rund um den Neusser Karneval.

Karneval 2020 in Neuss: Bilder vom Kappessonntagszug
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So feiern die Neusser 2020 auch ohne Kappessonntagsumzug

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Foto: Andreas Woitschützke

Erste Anzeichen von buntem Treiben in der Quirinusstadt stammen aus dem Jahr 1756. Damals ist das "Vermummen und das Vuhjagen verboten worden, weil die Stadt unter dem Schrecken heftiger Erdbeben stand", wie die NGZ am 10. Februar 1934 berichtete. Ansonsten fehlen Quellen aus dieser Zeit. Erste Urkunden von karnevalistischen Aktivitäten im kleineren Rahmen stammen aus dem Jahr 1823. Im Jahr 1845 gründete sich der "Neusser Carnevalsverein".

Eine Zäsur des organisierten Karnevals erfolgte Ende der 1960er Jahre. Damals brachten die Jecken die Gründung eines Dachverbands auf den Weg. Das erste Treffen war am 29. November 1969 in einem Neusser Lokal. Initiiert hatte es Toni Großmann, Vorsitzender vom Verein "Blaue Funken". In diesem Gremium sollte der Straßenkarneval organisiert werden. Außerdem sah Großmann die Notwendigkeit, dass die Prinzenfrage künftig in einem Gremium geklärt wird. "Zuvor hatte es immer Streit bei diesem Thema gegeben", sagt Jakob Beyen, amtierender Präsident des Neusser Karnevalsausschusses.

Knapp ein halbes Jahr später am 29. April 1970 kamen die Mitglieder des zu gründenden Dachverbands am gleichen Ort wieder zusammen. Inzwischen hatte man sich auf den Namen "Karnevalsausschuss" geeinigt. Die Sitzung diente damals der Vorbereitung einer Vereinseintragung beim Amtsgericht. Toni Großmann wurde bei dieser Gelegenheit zum Vorsitzenden gewählt. Bei der Gründung trugen drei Gesellschaften ihren Dachverband: Blaue Funken, Blau-Rot-Gold und Grün-Weiß-Gelb.

Fotos: Sitzung ohne Namen 2019 in Neuss
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Neuss: Sitzung ohne Namen 2019

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Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Auf Vereinsebene bestehen sehr gute Kontakte zu den Kollegen aus der Landeshauptstadt. Seit 1978 arbeiten die Karneval- Komitees aus Neuss, Düsseldorf und Mönchengladbach als sogenannte Elefantenrunde zusammen. Zu Beginn kooperierten die niederrheinischen Jecken vor allem bei der Traktorennutzung. "Die Traktoren der Firma ICH, später Case/Teneco, wurden direkt im Werk im Neusser Hafen übergeben. Diese Traktoren kamen bei den großen Umzügen in Düsseldorf, Neuss und Mönchengladbach zum Einsatz", sagt Jakob Beyen.

In den vergangenen Jahren sei die Zusammenarbeit immer intensiver geworden. "Wir tauschen uns über sämtliche Dinge des organisierten Karnevals aus: Da geht es zum Beispiel auch um Marketing- oder Steuerfragen", sagt Beyen. Zuletzt trafen sich die Jecken in dieser Konstellation zum Tollitäten-Gipfeltreffen im Neusser Dorint-Hotel: Für Prinz Marco (Roeb) und Novesia Sabine als Gastgeber war das eine der wenigen Gelegenheiten in der Session, mit Prinz Michael und Niersia Monika (Baumeister-Eßer) aus Mönchengladbach und den Düsseldorfer Tollitäten, Prinz Hanno (Steiger) und Venetia Sara (Flötmeyer), ohne Termindruck zu sprechen.

Eine Zusammenarbeit mit den Kölner Karnevalisten kommt auf Verbandseben nicht oft vor, ist aber möglich. Wie zum Beispiel in der abgelaufenen Session: In Rolf Büschgens war im vergangenen Jahr ein gebürtiger Kölner als Prinz in Neuss aktiv. Zur Proklamation von Büschgens und Novesia Jutta Stüsgen erschien das Kölner Dreigestirn. Beim Sitzungskarneval sind die Kölner Jecken in Neuss stark vertreten. Bei "Kamelle us Kölle" sowie bei der "Sitzung ohne Namen" geben sich Künstler wie die Bläck Föös, Guido Cantz oder die Räuber die Klinke in die Hand.

So stürmen die Neusser an Altweiber das Rathaus
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So stürmen die Neusser an Altweiber das Rathaus

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Foto: Lena Köhnlein

Bei einem weiteren Treffen des Karnevalausschusses am 18. Juni 1970 beschlossen die Jecken, den Umzug im folgenden Jahr, also 1971, von Montag auf Sonntag verlegen zu wollen. Das hatte durchaus praktische Gründe. Denn an Rosenmontag konkurrierten die Neusser mit den großen Umzügen in Düsseldorf und Köln. Besuchereinbußen waren die Folge. Mit der Verlegung auf den Sonntag wurde gewährleistet, dass die Innenstadt beim Neusser Umzug gut gefüllt ist.

Der Begriff Novesia ist eine Anlehnung auf den lateinischen Namen der Stadt, Novaesium.

Große Mottowagen und Fußgruppen gibt es natürlich beim Kapessonntagszug in der Neusser Innenstadt zu sehen. Etwas familiärer geht es beim Tulpensonntagszug in Grefrath sowie beim Rosenmontagszug in Holzheim zu. Beide Umzüge organisieren die Jecken aus den Stadtteilen selbst ohne Unterstützung des Dachverbandes.

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