Flughafenbrücke: Kritik an Ausgleichsmaßnahmen Eine Senke macht noch keinen Sumpf

Von Vanessa Donner

"Der Ameisenbläuling ist weg." Heinz Ruyters von der Rheinauen-Schutzgemeinschaft (RSG) zitiert ein Gutachten, nach dem ein Bestand von rund 1.000 Exemplaren dieser vom Aussterben bedrohten Schmetterlingsart der zeitgleich mit dem Bau der Flughafenbrücke erfolgten Deichsanierung zum Opfer gefallen ist. Nur einer der Gründe dafür, dass die RSG mit den Ausgleichsmaßnahmen für die Rheinquerung nicht zufrieden ist.

Beim Brückenfest am kommenden Wochenende wird man Oliver Keymis vergeblich suchen: "Ich geh' nicht zum Fest", betonte der grüne Landtagsabgeordnete gestern bei der Vorstellung eines von der RSG beim Umwelt Institut Höxter in Auftrag gegebenen Gutachtens, das Planung und Effizienz der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bewerten soll. Es gebe keinen Grund zu feiern. "Es ist absolut anzuerkennen, dass gut gearbeitet wurde", räumte er mit Blick auf die gute Abwicklung der Bauarbeiten ein. Doch die Brücke, die eine Belastung für die Anwohner sei und - trotz der großflächigen Ausgleichsmaßnahmen - ein erheblicher Einschnitt in die Landschaft, sei bestimmt "keine Bereicherung".

Entgegen der Aussage des Direktors des Landesbetriebes Straßenbau NRW, Henning Klare, auch die Kritiker hätten eingesehen, dass die Rheinquerung ein "vernünftiger Ausgleich zwischen ökonomischen und ökologischen Interessen" sei, hält die RSG an ihrer Auffassung fest, eine Tunnellösung wäre der bessere Weg gewesen. "Der Gutachter kommt zu dem Schluss, dass die Maßnahmen der Bedeutung des Eingriffes nicht gerecht würden", so Heinz Ruyter. Neupflanzungen und Anlage von Biotopen bewegten sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Doch sei einiges zu bemängeln.

Die Vernichtung, der "landesweit bedeutsamen Kernpopulation des Schwarzblauen Ameisenbläulings" hätte laut Gutachten vermieden werden können, wenn die Ausgleichsplanung mit "weiteren Überlegungen und Fachplanungen für dieses Auengebiet" abgestimmt worden wäre. Dann hätte nicht passieren können, was wie ein Schildbürgerstreich anmutet: Die Autobahn-Bauer hatten laut Ruyter den für die Schmetterlinge notwendigen Lebensraum auf dem Deich nicht nur erhalten, sondern durch Aussaat des "Großen Wiesenknopfes" - in dessen Blüten legt der Bläuling seine Eier - noch aufgewertet. Im Zuge der Sanierung habe dann der Deichverband die gesamte Oberfläche abgetragen und Vegetation ausgesät, mit der die Bläulinge nichts anfangen konnten.

Ähnlich misslungen ist laut Ruyter der Versuch, verlorene Sumpfwaldstandorte durch die Anlage großflächliger Mulden im Anschluss an vorhandene Sumpflandschaften im Lanker Bruch zu kompensieren: Nur in wenigen Mulden steht wirklich das Wasser, der "überwiegende Anteil" der Senken "liegt trotz hoch anstehender Grundwasserstände im nahen Umfeld trocken". Auch die vom Landesbetrieb öffentlich zelebrierte Pflanzung des letzten von 170.000 Bäumen im Zuge der Ausgleichsmaßnahmen kann der RSG keine Jubelstürme entlocken: Es sei besser, der Natur Freiräume zu lassen als selber anzupflanzen. Standorttypische Baumbestände würden sich dann von alleine und kostenlos bilden.

Mit Blick auf die in Reih und Glied angepflanzten Bäume auf den Tunneldeckeln vermutet Keymis, dass diese vor allem den Blick auf die von der Brücke geschlagene Schneise verdecken sollen. "Das ist nicht ökologisch, sondern kosmetisch", glaubt auch Ruyter. "Es bringt nichts, wenn wir weiter jammern", erläutert Keymis das Anliegen der Studie. Die Brücke werde bald für den Verkehr geöffnet - jetzt gelte es aus den Fehlern des Ilvericher Projektes für den zukünftigen Umgang mit Auenlandschaften zu lernen. Insbesondere mangele es an der langfristigen Kontrolle der Ausgleichsmaßnahmen, diese sollte schon bei der Planung festgeschrieben werden. "Ohne Qualitätskontrolle sind diese Maßnahmen am Ende wertlos", sagte Ruyters.

(NGZ)
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