Rhein-Kreis Neuss Fleischer wollen Discountern trotzen

Rhein-Kreis Neuss · Die Fleischerbetriebe bereiten sich bereits auf die Grill-Saison vor. Dabei möchten sie sich mit ihrem Angebot von der Massenware, die von Discountern angeboten wird, abheben. Generell geht der Trend zu Fleisch-Spezialitäten.

 Metzgermeister Willi Schillings findet, dass eine moderne Fleischerei auch ein Feinkostgeschäft ist.

Metzgermeister Willi Schillings findet, dass eine moderne Fleischerei auch ein Feinkostgeschäft ist.

Foto: Lothar Berns

Der 1. Mai ist jetzt schon bei den Fleischerbetrieben im Rhein-Kreis Neuss im Blick. Aber nicht etwa, weil es sich um einen Feiertag, den Tag der Arbeit, handelt. Willi Schillings, Obermeister der neugegründeten Fleischer-Innung Niederrhein, hat eine viel einfachere Erklärung. "Am 1. Mai beginnt die Grillsaison", sagt der Grevenbroicher. "Das kann man in jedem Jahr aufs Neue feststellen: Ab diesem Datum zieht der Verkauf von Grillgut an." Der Grill-Boom ist für die Fleischer immens wichtig: Sie können sich mit ihrem Sortiment deutlich von der Massenware, die Supermärkte und Discounter anbieten, abheben.

Willi Schillings vertritt schon seit Langem die Überzeugung, dass eine moderne Fleischerei auch ein Feinkostgeschäft ist. "Die Leute geben heutzutage 800 Euro für einen Grill aus, zwölf Euro für Grillkohle, dazu das ganze Zubehör. Dann das günstigste Fleisch aus der Tiefkühltheke zu kaufen - das passt doch nicht", betont er. "Die Leute wollen etwas Besonderes, eine Spezialität." Und da kommen die Fleischer in der Region ins Spiel: Jedes Jahr arbeiten sie an neuen Besonderheiten, vom Fleisch-Spieß bis zur Marinade. Immer ausgefallener, frei nach der Losung "Anders als alle anderen".

Das Beispiel Grillsaison zeigt, wie sich die Branche in den vergangenen Jahren mehr und mehr verändert hat. "In den 1970er Jahren gab es im Rhein-Kreis rund 140 Fleischereibetriebe", sagt Schillings. Heute sind der Innung kreisweit 27 Betriebe angeschlossen. "Die Zahl ist seit einigen Jahren aber ziemlich konstant." Der demografische Wandel, die oft unsichere Nachfolge für alteingesessene Familienbetriebe, der Preisdruck, der durch die Discounter erhöht wird, das alles ist jedoch spürbar. "Wir müssen daher unsere Stärken hervorheben", betont Schillings. "Und wir müssen kreativ auf sich ändernde Markterfordernisse eingehen."

Ein großes Angebot an Grill-, Wurst- und Fleisch-Spezialitäten, eigene Marken wie die vor zwölf Jahren gemeinsam kreierte Neusser Kappeswoosch mit 17 Prozent Sauerkrautanteil, die laut Innung in 14 Betrieben angeboten wird, und eine konsequente Ausweitung des Partyservice - Fleischer können inzwischen teilweise direkt für den Grillabend gebucht werden - gehören in der Regel ebenso dazu wie ein wechselnder Mittagstisch. Manchmal treiben Modewellen jedoch auch seltsame Blüten. Beispiel: Dry- Aged-Steak. "Es handelt sich ja eigentlich nur um ein entsprechend abgehangenes Stück Rindfleisch. Das hat jeder Fleischer aber schon immer gemacht."

Ein entsprechendes Warenangebot ist das eine, Auszubildende sind das andere. Die Fleischer versuchen, möglichst früh den Nachwuchs anzusprechen. Sie kooperieren mit Schulen, stellen ihr Berufsbild vor. Im Schnitt steigen im Rhein-Kreis jedes Jahr zwölf junge Menschen in die Fleischer-Ausbildung ein. "Wir stehen damit eigentlich noch gut da", sagt Schillings. Dennoch werde es schwieriger, geeigneten Nachwuchs zu finden.

Vor allem aber treibt die Fleischer Eines um: Sie wollen die Wertigkeit des Lebensmittels Fleisch mehr in den Blickpunkt der Verbraucher rücken. In der neuen Innung sind 70 Mitglieder organisiert - und sprechen mit einer Stimme.

(NGZ)
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