Rhein-Kreis Neuss Handlungskonzept: Politik stimmt zu, hat aber Fragen

Rhein-Kreis Neuss · Einstimmig hat der Kreisausschuss das von Kreisdirektor Dirk Brügge präsentierte Handlungskonzept zur Fachkräftesicherung gestern auf den Weg gebracht. Kritik gab's dennoch. "Mit der Digitalisierung - Stichwort Industrie 4.0 - wird sich die Arbeitswelt völlig verändern", sagte SPD-Fraktionschef Rainer Thiel. Der Aspekt sei im Konzept der Kreiswirtschaftsförderung zwar angeschnitten, aber noch nicht ausreichend und konkret genug berücksichtigt, bemängelte auch Kirsten Eickler (Linke). Dabei, so Carsten Thiel (UWG/Die Aktive), müsse auch der kommunale IT-Dienstleister ITK Rheinland einbezogen werden. Zudem müsse, so Rainer Thiel, die "Qualifizierung im Bestand" deutlicher betont werden. Wer Fachkräftmangel vorbeugen wolle, müsse auch an die denken, die noch Arbeit hätten, deren Jobs aber durch den technologischen Wandel von Umbrüchen bedroht seien. Aus SPD-Sicht sei das Konzept des Kreises deshalb nur als "erster Aufschlag" zu akzeptieren.

Rolf Kluthausen (FDP) lobte zwar das Gesamtkonzept, vermisste aber noch konkrete Aussagen zur Umsetzung, etwa beim Standortmarketing: "Geht die Wirtschaftsförderung auf Messen oder besucht sie gezielt Unternehmen?" Noch zu reden sei zudem über die Einbeziehung der Politik. Das unterstrichen auch Rainer Thiel und Erhard Demmer (Grüne): Die Komplexität des vom Kreis entwickelten Maßnahmenpakets zur Fachkräftesicherung mache einmal mehr deutlich, dass der Kreistag einen eigenen Ausschuss für Wirtschafts- und Beschäftigungsfragen gründen müsse. Der könne, so Thiel, wichtige Zukunftsthemen wie Fachkräftsicherung oder die Gestaltung des Strukturwandels im Braunkohlerevier effizienter bearbeiten als der Kreisausschuss. Die CDU sieht das allerdings ganz anders: Andreas Werhahn verband seinen Dank an die Kreisverwaltung für das umfassende Konzept zur Fachkräftesicherung mit dem Hinweis, dass der Kreisausschuss genau der richtige Ort sei, um über solche Fragen zu diskutieren - gerade wegen der Vielschichtigkeit des Problems, das auch die Sozial- und Bildungspolitik berühre. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke wies den Vorwurf der mangelnden Effizienz des Kreisausschusses energisch zurück. Entscheidend sei eine ergebnisorientierte Arbeit, nicht die Zahl der Gremien: "Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis..."

In einem Aspekt allerdings waren sich die Fraktionen einig: Wer dafür sorgen will, dass es in Zukunft genügend Fachkräfte gibt, muss etwas für die Wertschätzung der beruflichen Ausbildung tun, wie Bertram Graf von Nesselrode (CDU) betonte. Abitur und Studium seien nicht die einzigen Wege zu guten - und gut bezahlten - Berufen.

Der Drang der Schulabgänger an die Hochschulen bei gleichzeitig hohen Zahlen von Studienabbrechern zeige jedoch, so Petrauschke, dass eine Schieflage bestehe. "Wir reden viel über Berufe wie Elektriker, bilden davon aber nicht genügend aus", sagte Susanne Stephan-Gellrich (Grüne). Der Kreis, so der Landrat, bemühe sich, zum Beispiel durch Investitionen in seine Berufsbildungszentren, gegenzusteuern.

(ki-)
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