Rhein-Kreis Neuss Immer mehr Gründer im Rhein-Kreis

Rhein-Kreis Neuss · Die Zahl der Existenzgründer im Rhein-Kreis legt seit Jahren zu, die Qualität der Geschäftsideen und Businesspläne wird immer besser. Das führt sogar dazu, dass der Gründungszuschuss der Arbeitsagentur deutlich öfter gewährt wird.

 Selbstständig gemacht mit Käseladen: Thomas Coenen war zuletzt als Koch bei der WestLB angestellt und betreibt jetzt seit Oktober ein eigenes Lebensmittelgeschäft.

Selbstständig gemacht mit Käseladen: Thomas Coenen war zuletzt als Koch bei der WestLB angestellt und betreibt jetzt seit Oktober ein eigenes Lebensmittelgeschäft.

Foto: Andreas Woitschützke

Käse hat Thomas Coenen schon immer fasziniert. Auch, als er noch Koch war bei WestLB. Bei der Pleite-Bank, die gerade abgewickelt wird, braucht heute niemand mehr einen Koch. Dass Coenen aber trotzdem nicht arbeitslos ist, dafür hat seine Vorliebe für Käse gesorgt. Und sein Geschäftssinn.

Der 46-Jährige steht heute in seinem eigenen Laden in der Neusser Innenstadt. Er zeigt auf eine Kühltheke. Luftdicht. Die derbsten Stinker seiner Käse-Delikatessen liegen unter Verschluss. "Käse war in Neuss eine Marktlücke, die ich schließen musste", sagt Coenen. Also besuchte er einen Infoabend der Wirtschaftsförderung. Er erstellte einen Businessplan, besuchte Fachmessen für die richtige Ladeneinrichtung, suchte sich Lieferanten. Und nach drei Monaten lautet seine erste Bilanz: "Bisher ist mein Plan aufgegangen."

Die Selbstständigkeit ist für immer mehr Menschen im Rhein-Kreis eine Alternative zur Festanstellung. Oder eben zur Arbeitslosigkeit. Das geht sowohl aus den Daten der Industrie- und Handelskammer (IHK) als auch der zuständigen Arbeitsagentur Mönchengladbach hervor. Die IHK registrierte im Jahr 2013 im Rhein-Kreis 3428 Unternehmensgründungen, was einem Zuwachs von 1,5 Prozent entspricht. Für 2014 liegen noch keine Zahlen vor, Bert Mangels, Leiter der IHK-Abteilung Existenzgründung, geht aber davon aus, dass sich die Tendenz fortgesetzt haben wird - entgegen dem Bundestrend.

Bei der Arbeitsagentur sind sogar die Zahlen der bewilligten Existenzgründungszuschüsse rasant gestiegen. Dabei handelt es sich um einen Zuschuss in Höhe des sonst zu zahlenden Arbeitslosengeldes für sechs Monate. 2012 erhielten diese Starthilfe noch 63 Menschen aus dem Rheinkreis. 2013 waren es 89, im Jahr 2014 starteten so aber 137 Menschen durch. Das ist ein Zuwachs um 117 Prozent. Und das, obwohl die damalige Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen den Zuschuss zum Jahr 2012 noch deutlich gekappt hatte. Der Gründungszuschuss war daraufhin auch im Rhein-Kreis eingebrochen. Nun wird er wieder verstärkt genehmigt. "Die Zahl der Gründungszuschüsse liegt deutlich über dem, was wir erwartet haben", sagt Wolfgang Draeger von der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Mönchengladbach. "Das ist ein gutes Instrumentarium, um den Gründungswilligen den Einstieg zu ermöglichen." Draeger führt das auf eine "gestiegene Nachhaltigkeit in den Anträgen" zurück, Mangels spricht von "Substanzgründungen". Heißt: Gründungswillige legen immer bessere Ideen und Businesspläne vor.

Gegründet wird vermehrt im Handel (26,5 Prozent), wozu auch das Käsegeschäft von Thomas Coenen gehört. Auf Platz eins liegen aber noch immer Dienstleistungen (45 Prozent), die aber deutlich zurückgegangen sind. Dabei handelt es sich um Garten- und Landschaftsbau oder Hausmeisterdienste. "Das sind oft Verzweiflungsgründungen", sagt Bert Mangels. "Der Markt dafür ist sehr stark gesättigt."

Genau das stellt Thomas Coenen für sein Geschäft nicht fest. Nach drei Monaten hat er bereits einige Stammkunden sowohl für seinen Käse als auch für den Mittagstisch. Mittlerweile hat er eine erste Aushilfe engagiert, die ihm dreimal in der Woche zur Hand geht. Das funktioniert gut, sogar ohne den Gründungszuschuss der Arbeitsagentur. "Ich arbeite heute mehr als früher", sagt er. "Aber ich weiß ja, für wen man's tut."

(NGZ)
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