Rhein-Kreis Neuss Kanu-Sportler bezwingen die reißende Erft
Rhein-Kreis Neuss · Bei Grevenbroich verwandelt sich der Fluss in einen Wildwasserkanal. Was ganze Familien beim Rafting zusammenschweißt.
Wenn Jens Reibiger die Schleuse öffnet, verwandelt sich die Erft bei Grevenbroich in einen reißenden Fluss. Das Wasser sprudelt, der Pegel steigt rasant an und das Wasser fließt deutlich schneller als sonst durch den Wildwasserkanal des Kanu-Clubs Grevenbroich. Wer diesen Kanal durchfahren will, der braucht starke Nerven. Rico Geller ist einer der Kanufahrer, die sich der Herausforderung stellen und ausgerüstet mit Helm und Paddel versuchen, den Wildwasserkanal "zu bändigen".
"Das ist alles eine Frage der Technik", sagt der 18-Jährige, der seit fünf Jahren auf der Wildwasserstrecke trainiert und die verschiedenen Ebenen inzwischen so durchfahren kann, dass er zwischendurch "anhalten" kann. Kehrwasserfahren nennt sich die Technik, mit der er zwischendurch am Rand Kraft tanken und sich auf den nächsten Streckenabschnitt konzentrieren kann.
Das Boot, erklärt Kanufahrer Jens Reibiger, müssen Kanusportler wie etwa Mountainbiker perfekt beherrschen. "Die Verletzungsgefahr beim Wildwasserfahren ist allerdings gering - auch wenn es spektakulär aussieht. Dem Fahrer kann kaum etwas passieren. Er kann lediglich umkippen und im Wasser landen", erzählt der 48-Jährige, der ebenfalls gerne die Wildwasserstrecke durchfährt, die vor einigen Jahren extra für den Kanu-Club Grevenbroich wenige hundert Meter vom Flutgraben entfernt gebaut wurde. Auch seine Frau und seine Töchter sind allesamt im Kanu-Club und regelmäßig auf der Erft unterwegs. Mal fahren sie über die Wildwasserstrecke, mal lassen sie es auch gemütlich angehen und fahren von Grevenbroich aus zu der Stelle am Neusser Sporthafen, wo die Erft in den Rhein mündet. Fest steht: Der Wassersport schweißt Familie Reibiger fest zusammen.
Was genau sie an dem Sport fasziniert? "Auf dem Wasser können wir die Natur und die Landschaft aus einer ganz anderen Perspektive sehen. Wir haben auf Touren schon Eisvögel beobachten können", erzählt Josephine Reibiger, der das Kanufahren ebenso wie ihrer Schwester Carlotta quasi in die Wiege gelegt wurde. Die Erft sei auf ihrem Fluss durch den Rhein-Kreis sehr unterschiedlich und zwischen Wevelinghoven und Reuschenberg auch von zahlreichen Kurven geprägt und teilweise stark von Pflanzen bewachsen.
Interessant: Die Kanusportler machen keine Winterpause. "Wir fahren im Prinzip das ganze Jahr über auf der Erft", sagt Uschi Reibiger, die vor allem die entspannten Touren schätzt. Zum Sporthafen bräuchten die Kanuten in etwa drei Stunden, die Entfernung liegt bei rund 18 Kilometern. Im Gegensatz zum Wildwasserfahren ist dabei allerdings keine Grundausstattung gefragt, die aus Neoprenanzug und Helm besteht. "Im Wildwasserkanal ist das schon deutlich wichtiger", sagt Rico Geller, der nicht wasserscheu sein darf, wenn er durch den sprudelnden Kanal paddelt. Schließlich spritzt das Wasser in alle Richtungen, wenn sich der Grevenbroicher von Wasserfall zu Wasserfall kämpft. Das Umkippen gehört auch schon mal dazu - selbst bei erfahrenen Sportlern. Im Club lernen die Kanuten deshalb auch, wie sie das Boot stabilisieren und schnell wieder auftauchen können.