Rhein-Kreis Neuss Kreis hebt Mietgrenzen für Hartz-IV-Bezieher an

Neuss · Der Kreis ließ den Mietspiegel neu erheben, der "angemessenen Wohnraum" definiert. Die Sätze liegen im Schnitt um 27,72 Euro höher.

 Welche Wohnung ist für Hartz-IV-Bezieher angemessen? Zur Beantwortung wird ein neuer Mietspiegel angelegt, der ab März gelten soll.

Welche Wohnung ist für Hartz-IV-Bezieher angemessen? Zur Beantwortung wird ein neuer Mietspiegel angelegt, der ab März gelten soll.

Foto: woi

Bei Langzeitarbeitslosen und bei Rentnern, die Wohngeld beziehen, akzeptieren und erstatten Jobcenter und Sozialämter künftig höhere Mieten. Basis ist der neue "grundsicherungsrelevante Mietspiegel", der gestern Abend im Kreissozialausschuss vorgestellt wurde.

Rhein-Kreis Neuss: Kreis hebt Mietgrenzen für Hartz-IV-Bezieher an
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Er korrigiert auch einige methodische Fehler des vor zwei Jahren etablierten und kräftig gescholtenen Vorgängerzahlenwerkes und kommt bei durchschnittlich um 5,25 Prozent erhöhten Sätzen in den meisten Fällen über die Grenzen, die für öffentlich geförderte Wohnungen verlangt werden. "Damit geben wir einen Anreiz für den sozialen Wohnungsbau", sagt Kreissozialdezernent Jürgen Steinmetz überzeugt.

Der alte Mietspiegel hatte vielerlei Probleme geschaffen. Er legte für einen Ein-Personen-Haushalt höchstens 45 Quadratmeter als angemessen zugrunde — doch so kleine Einheiten werden gar nicht öffentlich gefördert gebaut. Höchstrichterlich hat das Bundessozialgesetz nun 50 Quadratmeter als Mindest-Wohnungsgröße definiert — plus 15 Quadratmeter für jede weitere Person im Haushalt. Ferner definierte der Mietspiegel ein Mietniveau als angemessen, für das es am Markt kein Angebot gab. Und er fasste Kommunen in Bezugsräumen zusammen, deren Immobilienmärkte kaum miteinander vergleichbar waren. Im Ergebnis bedeutete das, dass sehr viele der kreisweit rund 15 000 Bedarfsgemeinschaften Wohnraum nutzten, der bei Anwendung dieser Tabelle als nicht angemessen gelten musste.

Die ganz neu erhobenen Zahlen sind deutlich enger am Markt und trennscharf auf jede einzelne Kommune bezogen — Jüchen und Rommerskirchen ausgenommen. Das soll, so die Erwartung des Dezernenten Steinmetz, auch die Sozialverwaltungen entlasten, auf die nun weniger Widersprüche und Einzelfallprüfungen zukommen werden.

Im gleichen Zug will der Kreis aber Ausnahmetatbestände abschaffen. Einen Wohnraumsicherungszuschlag, mit dem in der Vergangenheit Härtefälle abgefedert werden sollten, wird es nicht länger geben. Aber, schränkt Steinmetz ein, ein Umzug "wird ohnehin erst dann verlangt und als wirtschaftlich erachtet, wenn die Miete die Grenzen unseres Preisspiegels um fünf Prozent übersteigt".

Erarbeitet wurde der Mietspiegel, damit der Kreis bei Verhandlungen vor dem Sozialgericht nachvollziehbar darlegen kann, warum eine Wohnung als unangemessen beanstandet wurde. Zudem sollten so 1,5 Millionen Euro bei den "Kosten zur Unterbringung" gespart werden. Davon habe man sich längst verabschiedet, sagt Steinmetz, der für die neuen Mietobergrenzen nun mit Mehrkosten in Höhe von 780 000 Euro jährlich rechnen muss. Dafür hat er jetzt die Städte und Baugenossenschaften hinter sich.

(NGZ)
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