Abba-Revival ließ zu unverhofften Geständnissen hinreißen Reise in die eigene Jugend

So kommt´s raus. Kaum ist von Abba die Rede, fallen die Geständnisse. Aber als inzwischen gereifter Fortysomething darf man ja auch mit einem Lächeln auf den Lippen zugeben, dass man in jugendlichen Jahren heimlich und ganz allein zum Konzert der schwedischen Popgruppe nach Essen gereist ist. Nicht auszudenken, was die Freunde gelästert hätten, wenn das rausgekommen wäre! Schließlich kreisten damals nur Scheiben von Frank Zappa, Uriah Heep, Deep Purple und anderen Rockgruppen auf den heimischen Plattentellern - und dann erzählen, bei Fernando oder Dancing Queen mitgewogt zu haben?

Für Klaus, den Mann von nebenan, dürfte das wenigstens noch möglich gewesen sein, denn selbst ein Abba-Konzert in den 70ern fand in einer unbestuhlten Halle statt, und mal ehrlich: Wer kann von Eagle, Voulez Vous oder Super Trouper schon unbewegt bleiben? Den Besuchern des von der NGZ präsentierten Gastspiels eines Abba-Remakes namens Abbafever aus London blieb fast nichts anderes übrig. Die ordentlich aufgereihten Stuhlreihen in der Stadthalle hielten die meisten Zuhörer fest auf ihren Plätzen - ein Blick auf wippende Füße und wogende Oberkörper hingegen zeigte, dass das etlichen schwer fiel.

Und wer weiß, wenn die wenigen Gelegenheiten, bei denen die Cover-Band auf der Bühne das Publikum zum Mitmachen animierten, in einen Dauerzustand gemündet wären, die Menschen sich frei hätten bewegen können statt sich immer wieder zu setzen, hätte die gute Stimmung letztlich die steife Atmosphäre des Saals vielleicht sogar geschafft. Denn dass die Popsongs von Abba unverwüstlich sind, aktuelle Veröffentlichungen immer noch zu kleinen Nummern degradieren, und nur ganz hartgesottene Abba-Skeptiker vom Mitwippen abhalten, zeigten die vier zu Abba ernannten Sänger plus Verstärkung am Schlagzeug und an der Bassgitarre einmal mehr.

Wer auf die Hitliste der sich 1982 aufgelösten Popgruppe gesetzt hatte, kam voll und ganz auf seine Kosten. Vom Einstieg mit Waterloo über Ring, Ring, SOS, Knowing me, Knowing you und Gimme, Gimme, The Winner takes it all bis hin zu Honey, Honey und natürlich Dancing Queen gab"s alles, was das Fan-Herz begehrt. Musikalisch und gesanglich ziemlich originalgetreu dargeboten, technisch allerdings dürfte noch einiges nachgebessert werden. Outfits wie Glitzer-Catsuits mit ordentlich Schlag an den Beinen und Plateausohlen taten das ihre dazu, um ein wenig den Geist der 70er heraufzubeschwören.

Wer hingegen bedingt durch das Stichwort Musical im Programm von Abbafever vielleicht gar an das zurzeit sehr erfolgreiche Mamma Mia (Hamburg) gedacht hatte, wurde enttäuscht. Zwar ließ Moderator Matthias Sievert zumeist in sehr launigen Worten einiges aus dem Leben der vier Musiker Revue passieren, aber das war im Grunde nur Beiwerk und für Abba-Fans ohnehin kalter Kaffee - und mit Blick auf das Wesen eines Musicals eine reine Mogelpackung. Helga Bittner

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort