Rhein-Kreis Neuss Schüler schauen Händlern auf die Finger

Neuss · "Coach den Chef" hieß ein Projekt am Berufskolleg Weingartstraße. Auszubildende wurden zu Unternehmensberatern.

 Lisa Salven (l.) und Carolin Wegmann haben sich in dem Projekt "Coach den Chef" mit der Buchhandlung am Münster beschäftigt. Inhaberin Dorothea Gravemann fand in der Projektmappe wertvolle Anregungen.

Lisa Salven (l.) und Carolin Wegmann haben sich in dem Projekt "Coach den Chef" mit der Buchhandlung am Münster beschäftigt. Inhaberin Dorothea Gravemann fand in der Projektmappe wertvolle Anregungen.

Foto: A. Woitschützke

Die Idee zu dem Projekt kam von den Schülern des Berufsbildungszentrums Neuss-Weingartstraße (BBZ) selbst. Im Rahmen ihrer Ausbildung waren sie zweimal unterwegs, um bei Testkäufen die Dienstleistungsqualität der Neusser Einzelhändler zu studieren. Die daraus gewonnen Kenntnisse wollten die angehenden Einzelhandelskaufleute an die Unternehmen zurück melden. Einmal sollten die Auszubildenden die Chefs beraten, was man besser machen könnte. Lernen - einmal andersherum. Vier Geschäfte ließen sich darauf: der Juwelier Badort, das Bücherhaus am Münster, das Institut Meunier und die Tourismuszentrale Neuss.

Dabei wollten die jungen Verkäufer nicht wie Unternehmensberater wirken, sondern lediglich einen anderen Blick auf die Dinge werfen. Heraus kam ein gewinnbringendes Projekt für beide Seiten. Vier von 115 getesteten Neusser Unternehmen stellten sich dem Urteil des Nachwuchses. Der bereitete sich akribisch darauf vor.

An vier Projekttagen schauten sich 40 Schüler der Abschlussklasse der Kaufleute im Einzelhandel noch einmal die Ergebnisse der Testkäufe aus den Vorjahren an. Dann ging es zu den teilnehmenden Händlern, allerdings wurden die Auszubildenden nie in ihren eigenen Betrieb geschickt. Vor Ort wurden die Ladenlokale inspiziert, Fragen gestellt werden. Vor dem letzten Schritt waren dann die Händler selbst am Zuge, die einen konkreten Beratungsauftrag formulieren sollten. Damit konnten die Schüler dann ein Konzept erstellen und abschließend die Händler beraten.

Die beiden inzwischen ehemaligen Schülerinnen Carolin Wegmann und Lisa Salven bewerteten das Projekt positiv, denn mit dem konkreten Beratungsauftrag konnten sie ihr theoretisches Wissen mit den praktischen Erfahrungen aus der Ausbildung einbringen. "Wir mussten auch berücksichtigen, was wir uns wünschen würden, was die Unternehmen wollen und was finanziell und technisch überhaupt möglich ist", erklärt Wegmann.

Von den Anregungen der Berufsschüler konnten auch schon einige in die Tat umgesetzt werden. Dorothea Gravemann vom Bücherhaus am Münster erklärte, dass sie auf Anregung des Projektes mit einem Infostand zu den Schülern am Berufskolleg gegangen ist, um den Schülern nicht nur Schulbücher zu verkaufen, sondern auch auf die Möglichkeiten des klassischen Buchhandels aufmerksam machen zu können. Auch Armin Badort bestätigte, dass die Anregungen aus der Gruppe zum Teil bereits praktiziertes Handeln bestätigten und auch noch einige Tipps für die Zukunft brachten: "Ich kann das Projekt nur empfehlen."

Petra Müller, Inhaberin des Institut Meunier bedankte sich für die konstruktiven Gespräche mit den Schülern. Sie machten die Unternehmerin darauf aufmerksam, mehr auf die Präsenz in den sozialen Netzwerken zu achten: "Ich denke, dass - seitdem wir das aufgearbeitet haben - einige Kunden auf uns aufmerksam geworden sind." Und die Unternehmerin fasste nach dem Projekt noch einen Entschluss: Sie will jetzt selbst auch junge Menschen ausbilden.

Auch Andree Haack von der IHK Mittlerer Niederrhein lobte das Projekt des Berufskollegs. Es verbinde Theorie und Praxis und könne neue Impulse setzen, sagte er. Der stationäre Handel habe Nachholbedarf was die Nutzung von Onlineplatzierungen angeht", stellt er fest. Da können die jungen Verkäufer ihre Chefs manchmal wirklich coachen.

(NGZ)
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