Korschenbroich 300 Jahre alte Schuhe in der Schlossmauer

Korschenbroich · Die Bauforscher und Restauratoren des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland kamen aus dem Staunen kaum noch heraus, als sie bei der Sanierung des mittelalterlichen Turmes von Schloss Liedberg ganz besondere Fundstücke entdeckten: Eingemauert in alten Löchern eines Baugerüstes und in einer Fensternische auf der Ostseite des Turmes fanden sie rund 300 Jahre alte Schuhe, die damals bei Bauarbeiten am Turm versteckt und zugemauert wurden.

Die Schuhe befanden sich in zwölf Metern Höhe, sie waren mit Bedacht eingemauert worden, sollten wohl nie entdeckt und gefunden werden. Wären sie auch nicht, hätte es nicht das große Baugerüst für die Sanierung der 700 Jahre alten Turmfassade gegeben, durch das die zugemauerten Löcher in der dritten Etage gefunden wurden.

"Insgesamt acht Schuhe sind so zum Vorschein gekommen, jeweils drei Frauen- und Männerschuhe sowie zwei Kinderschuhe. Dieser Fund ist wirklich rätselhaft", sagt Kristin Dohmen, Referatsleiterin für Bauforschung im LVR-Amt. Es ist nicht der erste Fund dieser Art, bereits 1000 eingemauerte Schuhe wurden in ganz Europa gefunden.

Nach Erkenntnissen der Forscher handelt es sich dabei um ein Brauchtum, das vom 14. bis 19. Jahrhundert gepflegt wurde, im 20. Jahrhundert aber plötzlich in Vergessenheit geriet. Demnach wurden Schuhe als Schutz für die Gebäude und Personen mit der Spitze nach außen eingemauert. "Die Schuhe wurden meist in der Nähe von Dächern, Fenstern oder Türen versteckt", erzählt Kristin Dohmen.

Liedberg sei dafür ein gutes Beispiel, das Schloss wurde nämlich immer vom Turm aus verteidigt. Von diesem Brauchtum existieren aber weder schriftliche noch bildliche Überlieferungen. Restauratoren des LVR-Amtes haben die Treter von Schloss Liedberg bis ins kleinste Detail untersucht und so wichtige Erkenntnisse zur weiterführenden Forschung erhalten.

Ergebnis: Die Liedberger Schuhe stammten von Personen der gehobenen Schicht und wurden um 1708 eingemauert. Dass insgesamt acht Schuhe gefunden wurden, macht den Fund außergewöhnlich.

Wie geht es weiter? "Wir werden die Schuhe in speziellen Kartons wieder mit einer Dokumentation der Arbeiten des LVR-Amtes einmauern", sagt Dohmen. Auch Eigentümer Peter Overlack lässt einen seiner Schuhe mit einem persönlichem Text in der Wand verstecken. "So wird der Brauch fortgeführt", sagt Overlack.

(NGZ)
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