Lokalsport Ach, wäre doch immer Silvester

Bernd Koenemann rieb sich gegen 16.45 Uhr die Hände. Dabei war es nicht die Kälte, die den Geschäftsführer des Neusser Reiter- und Rennvereins zu dieser Geste veranlasste, schließlich war es am letzten (Renn-) Tag des Jahres eher frühlingshaft warm gewesen am Hessentor. Koenemann, übers Jahr gesehen weder in seiner Eigenschaft als Galoppmanager noch in der als Vorsitzender der (CDU-) Mehrheitsfraktion im Neusser Rat zu den ausgesprochenen "Glückspilzen '06" zählend, hatte wenigstens an Silvester allen Grund, zufrieden zu sein.

Denn die fünf Stunden zwischen erstem und neunten Rennen weckten nicht nur bei ihm Erinnerungen an gute alte Galopperzeiten. Es war voll wie lange nicht mehr auf der Tribüne und in den Wetthallen, wo sich gut und gerne mehr als 8 000 Besucher drängten - deutlich mehr als an den Silvesterrenntagen der vergangenen Jahre.

Und sie schauten nicht nur, sie drängten sich auch eifrig vor den Wettschaltern, so dass nicht nur der höchste Tagesumsatz der gesamten Wintersaison (in Neuss und Dortmund) erreicht wurde, sondern auch die begehrte "Drei" an der ersten Stelle: Genau 306 382,80 Euro wurden umgesetzt, davon rund sechzig Prozent Außenwetten. "Das sind 21 000 Euro mehr als vor einem Jahr", stellte Koenemann freudestrahlend einen Vergleich zwischen 2006 und 2005 an, "und das, obwohl wir zwei eher umsatzschwache Rennen im Programm hatten."

Darunter das über die Hürden, das die Leute zwar zum Zusehen - selbst eingefleischte "Zocker" verlassen dafür die mit Bildschirmen versehenen Räume - aber nicht unbedingt zum Wetten animiert, weil es dank der Sturzgefahr stets von Unsicherheiten geprägt ist. Diesmal ging, im Gegensatz zum zweiten Weihnachtstag, als nur zwei Pferde das Ziel erreichten, alles glatt. "Das Publikum liebt diese Rennen, immer nur Flachrennen finden die Leute auf Dauer langweilig", meint dazu Christian Freiherr von der Recke, einmal mehr Champion unter den Hindernistrainern.

Ob guter Besuch und ebensolcher Umsatz nur dem günstigen Termin - Silvester und Sonntag zugleich - und dem ebenso günstigen Wetter - trocken und Sonne zwischen zwei Regentagen - zu verdanken waren oder sich tatsächlich ein Silberstreif am Galopp-Horizont abzeichnet, werden die kommenden Renntage, der nächste bereits am Sonntag (7. Januar), zeigen.

Die Champions der Branche zeigten sich zumindest verhalten optimistisch: "Ein wahnsinniger Kampf, aber es geht so eben", meinte Trond Hansen, für seine 26 Siege, darunter den zu Silvester durch Monolithos, als erfolgreichster Neusser Trainer ausgezeichnet. Wobei die Branche von vielen engagierten Individualisten lebt, wie dem Magdeburger Frank Kurz, zum ersten Mal Champion der Besitzertrainer, dessen vier Pferde immerhin zu zwölf Siegen galoppierten.

Oder Amateurchampionesse Kirsten Neumann, die die rund 300 Kilometer aus dem heimischen Zweibrücken auch schon mal mit dem Pferdehänger nach Neuss zurücklegt. Das Überlebensmotto brachte Dieter Ellerbrake, Besitzer des Gestüts Auenquelle und damit erfolgreichster Züchter und erfolgreichster Besitzer in Sachen Flachrennen auf einen Nenner_ "Der Zustand wird nicht besser, wenn wir immer nur wiederholen, wie schlecht es uns geht."

(NGZ)
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