Markus Fothen "Das wäre ein schönes Karriereende gewesen"

Neuss · Der vierfache Tour de France-Teilnehmer freut sich auf das Radsportspektakel in seiner Heimat - und wäre gerne als Fahrer dabei gewesen.

Tour de France: Pressekonferenz zum Tour Start 2017 in Düsseldorf
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Foto: dpa, mjh fdt

Kaarst Genau zehn Jahre ist es her, als sich Markus Fothen anschickte, die Radsport-Welt zu erobern. Auf der dritten Etappe der Tour de France schlüpfte der damals 24-Jährige aus Vorst ins weiße Trikot für den besten Jungprofi, das schon manchem wie einst Didi Thurau den Weg zur großen Karriere geebnet hat.

Vier Tage durfte es es tragen, dann verlor er es an den Italiener Damiano Cunego. Doch sein 14. Platz im Gesamtklassement berechtigte zu großen Hoffnungen - die sich für den U23-Weltmeister im Zeitfahren von 2003 nur zum Teil erfüllen sollten. Bei seinen weiteren Tour-Teilnahmen für das Team Gerolsteiner (2007 34., 2008 33.) und das Team Milram (2009 125.) entsprachen die Ergebnisse nicht den (eigenen) Erwartungen. Spät diagnostizierte gesundheitliche Probleme und der Ausstieg der deutschen Teams zwangen ihn 2013 dazu, seine aktive Laufbahn zu beenden. Zu früh, wie er heute sagt, vor allem, wenn er daran denkt, dass im kommenden Jahr die Tour de France direkt vor seiner Haustür in Vorst vorbeirollt.

Herr Fothen, die Tour de France rollt 2017 durch Ihre Heimatstadt. Was sagen Sie dazu?

Markus fothen Da schlagen wirklich zwei Herzen in meiner Brust. Dass die Tour de France endlich mal wieder in Deutschland startet, dass noch dazu die zweite Etappe durch Kaarst führt, das freut mich ungemein. Ich hoffe, die Radsportbegeisterung ist in Deutschland immer noch oder wieder so groß wie früher, als die Menschen auch bei uns in Dreierreihen an der Strecke standen, um die Tour de France vorbeifahren zu sehen. Vor allem hoffe ich, dass das in Kaarst und Neuss so ist.

"Tour de France - Das goldene Zeitalter" - Bergetappen, Zweikämpfe, Emotionen
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Foto: Presse Sports

Und die zweite Seele?

Fothen Ganz ehrlich gesagt tut es mir mehr als nur ein bisschen weh, dass ich nicht dabei bin. Ich bin gerade 35 geworden, das bin ich auch im Juli nächsten Jahres noch. Eigentlich das richtige Alter, um noch ein letztes Mal die Tour de France zu fahren - und ein schöneres Karriereende als auf einer Etappe durch Kaarst zu fahren könnte ich mir gar nicht vorstellen. Wenn ich mir eins malen könnte - genau so sähe das Bild davon aus.

Es gab genügend Gründe, dass es anders gekommen ist. Haben Sie eigentlich noch Kontakt in den Radsport?

Fothen In den Sport direkt nur noch ganz wenig. Am Anfang lag es an mir, denn ich musste erst einmal Abstand gewinnen. Und dann habe ich schnell gemerkt, dass die Jungs in diesem stressigen Geschäft Besseres zu tun hatten, als mit einem alten Kumpel über vergangene Tage zu quatschen. Ich habe noch ein bisschen Kontakt zu Fabian Wegmann und Robert Förster, wir haben eine 'Gerolsteiner-What's-app-Gruppe', mehr ist da nicht.

Aber das Thema Radfahren lässt Sie nicht los.

Fothen Richtig. Mein Traum war es ja, Sportlicher Leiter eines Radsportteams zu werden. Ich habe auch zwei Lehrgänge absolviert, aber irgendwie hat es nicht so richtig gepasst. Und dann habe ich schnell gemerkt, dass das ein unsicheres Geschäft ist, jedenfalls unsicherer, als bei einem Unternehmen zu arbeiten.

Sie haben eines gefunden, das zu Ihnen passt?

Fothen Ganz und gar. Ich arbeite jetzt für Derby Cycle in Cloppenburg, das ist der größte Fahrradhersteller in Deutschland mit Marken wie Focus, Kalkhoff und Raleigh, im Bereich Werbung und Präsentation, und das macht mir sehr viel Spaß.

Sie sind also gar nicht mehr in Kaarst?

Fothen Doch, doch. Das heißt, von April bis Juli, die Zeit, in der die meisten Fahrräder verkauft werden, bin ich pro Monat mindestens drei Wochen unterwegs. Aber irgendwie scheint mir das Leben aus dem Koffer zu liegen.

Und dann verkaufen Sie E-Bikes an Senioren?

Fothen (lacht) Nein, nein. Mein Schwerpunkt liegt bei Rädern im Performance-Bereich, vor allem der Marke Focus - die bin ich ja selbst bei Milram noch gefahren.

Zurück zur Tour de France. Was macht eigentlich dieses Rennen so besonders, warum hat es bei Radsportlern einen höheren Stellenwert als Olympia oder Weltmeisterschaft?

Fothen Weil es das größte ist, was du als Radsportler erreichen und erleben kannst.

So wie bei Säbelfechtern oder Schwimmern Olympische Spiele.

Fothen Genau so. Die Tour de France entfacht einfach den größten Hype. Oder aus Sicht der Teams und Sponsoren: Die Tour hat einfach den höchsten Marktanteil, bei Gerolsteiner hieß es damals, 90 bis 95 Prozent werden bei der Tour gemacht. Wenn man sich im Radsport engagiert, zählt eigentlich nur die Tour de France, deshalb ist sie so etwas wie ein Selbstläufer. Und als Fahrer ist das so: 340 Tage im Jahr freust du dich auf die Tour de France. Zwei Kilometer nach dem ersten Start fragst du dich, was du hier eigentlich machst, denn die Tour, das ist Stress pur. Aber wenn du endlich im Ziel bist, geht das mit den 340 Tagen wieder von vorne los. Das ist die Tour de France - das größte, was du als Sportler erleben kannst.

(NGZ)
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